Vielleicht habt ihr schon einmal vom 11-Punkteplan des Stuttgarter Oberbürgermeisters Frank Nopper, den „Elf Maßnahmen zur Verbesserung der objektiven und subjektiven Sicherheitslage“, gehört? Damit soll angeblich Sicherheit für die Bevölkerung in Stuttgart geschaffen werden. Wir finden jedoch, dass es rassistischer Scheiß ist, den keiner braucht. Denn dort wird suggeriert, dass Geflüchtete die Probleme in unserer Gesellschaft schaffen würden, anstatt auf die wirklichen Ursachen in unserer Gesellschaft zu schauen. Dem Thema Waffen und Messer wird hierbei eine Schlüsselrolle bei der Sicherheit in Stuttgart zugewiesen und es werden Maßnahmen eingeleitet, zum Thema Gewalt gegen Frauen schweigt der OB jedoch regelmäßig. Dabei betrifft uns das Thema als Frauen tagtäglich und geht alle an. Denn jede dritte Frau ist statistisch von körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt betroffen und zwei von drei Frauen sind sexuell belästigt worden. Wir kennen doch alle ungewollte Berührungen, sexistische Witze, die eben nicht nur witzig gemeint sind, Catcalling durch Fremde oder Bekannte oder Aufdringlichkeiten im Beruf oder bei Freizeitaktivitäten. 25% von uns erleben in einer Partnerschaft Gewalt und im Jahr 2023 sind 155 Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet worden, also fast jeden zweiten Tag. Dieses Jahr sind je nach Quelle mindestens 90 bis über 150 sog. Femizide verübt worden.
Anlässlich des Tags gegen Gewalt an Frauen haben wir uns Gedanken zur Sicherheit von Frauen gemacht. Wir machen Vorschläge, was Frauen in Stuttgart tatsächlich brauchen könnten und stellen fünf Maßnahmen dem 11-Punkteplan von Frank Nopper gegenüber:
1. Intensivierung der bereits eingerichteten, brennpunktorientierten, präventivpolizeilichen Kontroll‐ und Präsenzmaßnahmen in der Stuttgarter Innenstadt, auch mit gemeinsamen Streifen von Landespolizei, städtischem Vollzugsdienst sowie gegebenenfalls auch der Bundespolizei.
→ Einrichtung von Männerkontrollzonen, mit Kontroll- und Präsenzmaßnahmen durch solidarische Frauenbanden, die Frauen sicher auf ihren Wegen oder nach Hause begleiten.
2. Räumliche und zeitliche Ausdehnung der Waffen‐ und Messerverbotszone in der Stuttgarter Innenstadt, vor allem bei besonderen Veranstaltungen.
→ räumliche und zeitliche Ausdehnung von Männerverbotszonen zur Verhinderung von Übergriffen und sexualisierter Gewalt gegen Frauen, vor allem bei „besonderen Veranstaltungen“ wie dem Wasen und Frühlingsfest, der EM, aber auch bei Konzerten, Feiern oder in der Disko.
3. Ausbau der Videoüberwachung in der Stuttgarter Innenstadt, vor allem durch Einführung einer mobilen Videoüberwachung zur Befriedung temporärer, lokaler Brennpunkte.
→ Ausbau der Videoüberwachung in Büros und anderen Arbeitsstätten, in Parks und dem gesamten öffentlichen Raum und streng genommen in jeder Wohnung in Stuttgart, denn Brennpunkte für Gewalt gegen Frauen sind dauerhaft und überall.
4. Aufklärungskampagne in Flüchtlingsunterkünften, dass Messer oder andere Waffen im öffentlichen Raum verboten oder jedenfalls unerwünscht sind.
→ Aufklärungskampagne an Orten, an denen sich Männer häufig aufhalten, (wie Vereine, Arbeitsplätze, im öffentlichen Nahverkehr und auf Straßen und Plätzen, in Kneipen und in Bildungseinrichtungen wie Schulen und Universitäten), dass sexistisches Verhalten und Gewalt gegen Frauen im öffentlichen Raum verboten oder auf jeden Fall unerwünscht sind.
5. Belegung von Intensivstraftätern mit einem persönlichen Waffentrageverbot. Diese dürfen dann keine Messer und auch keine anderen Waffen mehr mit sich führen.
→ Einweisung von Intensivpatriarchen (wie Andreas Renner, der kürzlich für sein sexistisches Verhalten den Goldenen Gaul 2024 verliehen bekam) in Intensivschulungskurse und Camps zur Erlernung einer Weltanschauung und eines Verhaltens, das alle Geschlechter gleich behandelt und ein solidarisches Miteinander ermöglicht.
Das hört sich alles ziemlich krass an oder? Dabei haben uns nur am wording des genannten Maßnahmenkatalogs orientiert und würden das nicht so 1 zu 1 umsetzen. Aber es macht deutlich, welchen Realitäten Frauen tagtäglich ausgesetzt sind und wie rassistisch der Maßnahmenkatalog der Stadt Stuttgart und des OBs sind. Dabei sind die hier vorgestellten Maßnahmen noch zu kurz gedacht, denn nur weil es Verbots- und Kontrollzonen gibt, ändert sich nichts an den Verhältnissen, in denen wir leben. Genau diese Verhältnisse produzieren jedoch Gewalt an Frauen, sie wird als hinnehmbares Übel toleriert und als natürlich verklärt. Wir müssen jedoch an die Wurzeln der Probleme gehen und die patriarchale Gesellschaft, in der wir leben, verändern. Wir wollen keine Verbots- und Kontrollzonen, denn diese betrachten nur die Auswirkungen, nicht jedoch die Ursachen. Es helfen keine Videoüberwachung und mehr Lampen im Park oder in der Innenstadt, diese helfen vielleicht bei der Aufklärung von Verbrechen, verhindern jedoch keine. Auch das Justizsystem verhindert kein übergriffiges Verhalten, ist es doch patriarchal geprägt und nimmt erst mal eine Mitschuld von Frauen an. Zudem beginnt die Gewalt dort. wo es keine gesetzlichen Verbote gibt mit Witzen, Catcalling und ungewollten Berührungen. Ganz zu schweigen von struktureller Gewalt in unserer kapitalistischen Gesellschaft in Form von ökonomischen Abhängigkeiten, Wohnungsnot und hohe Lebenshaltungskosten, Benachteiligungen von Alleinerziehenden, prekären Teilzeitstellen und dem Gender-Pay-Gap, die Frauen zwingen z.B. in gewaltvollen Beziehungen zu verharren. Wir müssen die Ursachen für Gewalt gegen Frauen angehen und patriarchale Rollenmuster und Strukturen die Gewalt hervorbringen durchbrechen, um eine wirkliche Veränderung herbeizuführen. Dazu müssen wir unsere Gesellschaft grundlegend verändern und Kapitalismus und Patriarchat den Kampf ansagen. Wir stehen ein für eine Welt, in der Gewalt gegen Frauen der Vergangenheit angehört! Denn Gewalt gegen eine ist Gewalt gegen alle!