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1. Mai 2023: Einkommen rauf – Preise runter! Mehr Lohn reicht nicht – für eine solidarische Gesellschaft

Seit Herbst 2022 sind die Preise für Lebensmittel, Strom und Gas um über 20% gestiegen. Für die meisten von uns bedeutet dies, jetzt schon Abstriche machen zu müssen – Ausgaben und Einkäufe doppelt zu überdenken, Rechnungen zu schieben, Rücklagen aufzubrauchen, den Urlaub zu canceln, den Ausflug mit den Kindern oder das gemeinsame Essen mit Freunden. Für manche von uns bedeutet es jetzt schon Schlange stehen vor den Tafeln, nicht mehr Bus oder Bahn fahren zu können oder die Wohnungsmiete inklusive der unverschämten Nebenkostensteigerungen privater Wohnungsanbieter wie Vonovia gar nicht mehr bezahlen zu können. 

Er platzt, der Traum von Freiheit, Sicherheit und Wohlstand für alle… 

Während unsere Einkommensentwicklung seit Jahrzehnten nahezu stagniert, steigen in allen Branchen die Belastungen. Der hart erkämpfte 8 Stunden Tag ist für die meisten heute schon Geschichte: Sei es im Gesundheits- und Sozialwesen, in Verwaltung, Transport oder bei der Post. Arbeitsaufgaben und Verantwortlichkeiten werden ausgeweitet, Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben zerfließen nicht erst seit Homeoffice-Zeiten immer mehr. Alles ist der Logik des Profits unterworfen. Der Personalabbau und die Umstrukturierungen haben in vielen Betrieben dazu geführt, dass die gleiche Arbeit von immer weniger Personen in immer kürzerer Zeit getan werden muss. Immer verfügbar sein, flexibel und am besten motiviert und umsonst ist das Credo. Bereits jetzt sind 30% aller Beschäftigungsverhältnisse im Niedriglohnsektor angesiedelt. Jede*r fünfte Vollzeitangestellte muss mit weniger als 1600 Euro netto im Monat auskommen – und das bei immer weiter steigenden Mieten und Versorgungspreisen. Und neben den üblichen Durchhalteparolen rufen Politik und Wirtschaftsverbände bereits jetzt nach weiteren Arbeitszeiterhöhungen oder der Rente erst mit 70. Die Folgen dieser nach Profit ausgerichteten Wirtschaftsstruktur sind „Arbeitsverdichtung“ bzw. Burn Out als Massenperspektive auf der einen und sozialer Abstieg und die Verarmung immer größerer Bevölkerungsanteile auf der anderen Seite. 

„Dies alles ist logische Konsequenz kapitalistischen Wirtschaftens – in der eben nicht der Mensch im Mittelpunkt steht sondern der Profit.“

Das kapitalistische Versprechen von Freiheit, Sicherheit und Wohlstand – für die Menschen im globalen Süden, für Geflüchtete, für Frauen, Migrant*innen, für all diejenigen in den ausgebeuteten Produktions-stätten der sogenannten Dritten Welt oder in den privaten Haushalten der Ersten, schon immer ein Hohn – wird für immer mehr Menschen auch in Europa und Deutschland zum spürbaren Trugschluss. Wir sollen immer mehr arbeiten für immer weniger Geld, um die Super-Gewinne einzelner Konzerne zu erhalten und damit einen sogenannten „Wirtschaftsstandort Deutschland“ aufrechtzuerhalten – dessen Wirtschaft nicht uns, Arbeiter*innen und Angestellten, als dem Großteil der Gesellschaft dient, sondern alleine der privaten Reichtums-Aneignung der oberen 1% der Welt. 

Während für immer mehr von uns die Fragen nach der Versorgung unserer elementaren Grundbedürfnisse wie Wohnung, Nahrung und Energie zum drängenden Thema werden, konnten die Lebensmittel-, Energie- und Wohnungskonzerne ihre Gewinne im letzten Jahr steigern. Insgesamt 95 verschiedene Lebensmittelkonzerne verdoppelten ihre Gewinne und Uniper als der aktuell größte Energielieferant Deutschlands steigerte seinen Gewinn von 51 auf 164 Milliarden im Jahr 2022. Während eigentlich bundesweit über 700.000 Wohnungen fehlen, verkündet Vonovia, als größter privater Wohnungskonzern, dass es keinen neuen Wohnungsbau geben wird, da dieser sich ‘wirtschaftlich nicht lohnt’ und beschränkt sich auf weitere Mieterhöhungen. 

„Wir müssen die Logik des gesellschaftlichen Wirtschaftens ändern!“

Dies alles ist jedoch nicht Ausdruck eines fehlgeleiteten Unternehmertums oder der Gier einzelner, sondern die logische Konsequenz kapitalistischen Wirtschaftens – in der eben nicht der Mensch im Mittelpunkt steht sondern der Profit. Die berühmte Schere zwischen Arm und Reich, die Wirtschaftskrisen und auch die Kriege der Welt sind nicht erst seit Corona oder dem Ukraine Krieg zurückgekehrt – sondern sie sind immanent in einem Wirtschafts-System, das zum Selbst-Erhalt auf eine sich auf alle Lebensbereiche ausbreitende Markt- und Profitlogik und stetige Expansion angewiesen ist. Wenn wir daran und an der stetigen Umverteilung von unten nach oben etwas ändern wollen, müssen wir die Logik gesellschaftlichen Wirtschaftens verändern, nachhaltig und zukunftsfähig, nicht nur für einzelne, sondern für uns alle. 

Es muss doch auch anders gehen!

Für uns ist klar, dass die Versorgung der Gesellschaft, die gesellschaftliche Arbeit und jegliche notwendige Infrastruktur sich an den Bedürfnissen und Notwendigkeiten der Menschen orientieren müssen. Dazu müssen diese dem systemischen Zwang zur Profiterwirtschaftung entzogen werden und die Bedürfnisse der Menschen an erste Stelle gestellt werden. In anderen Worten: staatliche Einmalzahlungen oder mehr Lohn reicht nicht. Es geht darum, den gesellschaftlich erwirtschafteten Reichtum auch für die Versorgung der Gesellschaft einzusetzen. Es geht darum, der forcierten Spaltung, der Rechtsentwicklung und Vereinzelung in der Gesellschaft ein Miteinander entgegenzustellen und aus vermeintlichen Einzelinteressen gemeinsame Interessen zu artikulieren. 

Bereits jetzt sind doch wir es, die die Arbeit schaffen, die erziehen, ernähren, die pflegen, produzieren, organisieren und verwalten. Wir sind es, die die Gesellschaft gestalten und am Leben erhalten. Lasst sie uns gemeinsam so umgestalten, dass eine solidarische Organisation der Gesellschaft und internationale Solidarität endlich zum Ziel unseres gemeinsamen Handelns wird.

Das wird nicht alleine und auch nicht von heute auf morgen gehen – aber schon im Heute gibt es Ansätze, die in diese Richtung weisen, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen und den herrschenden Verhältnissen und Strukturen eine Alternative in Form solidarischen Handelns entgegensetzen. 

Seit den 2000er Jahren haben sich die betrieblichen Auseinandersetzungen in Industriebetrieben, in Logistik, Transport, Einzelhandel, Versandwesen oder aktuell den Erziehungs- und Pflegebereichen verschärft. Es wird wieder gestreikt – nicht nur in Europa sondern auch in Deutschland. 

„Es gilt eine solidarische Perspektive im gemeinsamen Handeln von unten aufzubauen!“  

Der 80-Stunden-Streik der Hafenarbeiter*innen 2022 von Hamburg, Emden, Bremen, Bremerhaven, Brake bis nach Wilhelmshaven gegen das „Inflationsmonster“ und für höhere Löhne war der längste Arbeitskampf in den Häfen seit 40 Jahren. Die Arbeitgeber*innen und Arbeitsgerichte reagierten mit „Friedenspflicht“ und zeitweisen Streikverboten. Nach 10 Tarifrunden einigten sich die Verdi-Vertreter*innen mit der Arbeitgeber*innenseite und beendeten den Streik. Viele Mitarbeiter*innen bspw. beim Containerterminal Burchardkai lehnten die Tarifkompromisse ab und reagierten mit Austritten aus der Gewerkschaft. In Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen, Köln und Münster traten Pfleger*innen, ebenfalls 2022, für insgesamt 79 Tage in den Ausstand. Neben der Länge des geführten Arbeitskampfes waren es hier vor allem die kollektiven Formen ihres Kampfes, die eine Besonderheit darstellten. Die Streikenden dokumentierten gemeinsam die Zustände in den Kliniken, organisierten Notfallpläne und stellten ihre Forderungen gemeinsam unter und mit allen Kolleg*innen auf. Eine politische Weiterentwicklung stellte in diesem Jahr auch der gemeinsame Streikaufruf der Kolleg*innen der Verkehrsbetriebe dar, der von der Fridays for Future Bewegung unterstützt wurde. 

Diese Arbeitskämpfe, als kollektive Lernfelder unserer Klasse, gilt es zu stärken, weiterzuentwickeln und Schritt für Schritt eine solidarische Perspektive im gemeinsamen Handeln von unten aufzubauen. Gerade auch gegen die Kompromissbereitschaft und Verwalterei auf unsere Kosten durch die Gewerkschaftsverbände und gegen die aufkommende Reaktion von Arbeitgeber*innenseite und Politik, die, von CDU, FDP und Grünen bis zur sogenannten „Arbeiter*innenpartei“ der SPD, bereits jetzt nach einer Einschränkung des Streikrechts und der Einführung von Tarifeinheiten rufen. 

Wenn wir etwas ändern wollen, dann müssen wir das selber tun! 

Erst wenn wir zusammenkommen und das Gemeinsame im scheinbar Einzelnen erkennen können, als Kolleg*innen, als Mit-Mieter*innen, als Freund*innen und allen anderen, die unter den Verhältnissen zu leiden haben, können wir gemeinsam als Klasse die Kraft entwickeln, die eine andere Gesellschaft möglich macht. 

„Für ein solidarisches und antifaschistisches Stuttgart-Ost!
Für eine solidarische Gesellschaft!“ 

Sei es in betrieblichen Auseinandersetzungen mit den Kolleg*innen vor Ort, sei es in Wohn- und Mieter*inneninitiativen für bezahlbaren Wohnraum, in Frauenorganisierungen gegen Sexismus und die herrschenden patriarchalen Verhältnisse, in antifaschistischen Gruppen gegen rechte Hetze und den Rechtsruck, in Klimainitiativen für den Erhalt unser aller Lebensraums, in unabhängigen Stadtteilzentren und Stadtteilinitiativen oder im Austausch mit den Nachbar*innen und der gegenseitigen Unterstützung in Alltagsfragen. 

All dies sind gemeinsame Schritte, um Solidarität und Kollektivität aufzubauen und erlebbar zu machen und gemeinsam die Perspektive einer befreiten Gesellschaft zu erkämpfen. Eine Gesellschaft, in der wir nach unseren Interessen und Bedürfnissen leben und arbeiten können, in der die kapitalistischen Dauer-Krisen der Vergangenheit angehören, eine Gesellschaft ohne Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg. 

Also lasst uns zusammenkommen für eine solidarische Gesellschaft! 

Kommt zur Kundgebung am 1.Mai um 17 Uhr am Ostendplatz vor dem REWE.


Angebote im Stadtteil

Stadtteilclub

Im Stadtteilclub möchten wir gemeinsam über stadtteilrelevante Themen und gesellschaftliche Probleme diskutieren und gemeinsam darüber nachdenken wie wir diese lösen können. Denn weder die individuelle Leistung im Job noch der Glaube, dass die Zukunft bald besseres bringt, birgt wirkliche Hoffnung. Das schöne Leben können wir nur gemeinsam erkämpfen. 

Komm daher zum Stadtteilclub Ostend. 

Nächster Termin

Samstag, XX. Mai, 19 Uhr im Gasparitsch

Weitere Infos & Kontaktmöglichkeit

www.eastside-stuttgart.org


Frauenkollektiv

Das Frauenkollektiv Stuttgart gibt es seit 2016. Wir treffen uns regelmäßig und arbeiten zu verschiedenen Themen miteinander. Wir sind eine Gruppe von Frauen*, die sich zum Ziel gesetzt haben, gegen die patriarchalen Strukturen in der Gesellschaft, gegen den herrschenden Sexismus und gegen die doppelte Unterdrückung von Frauen* in der Gesellschaft vorzugehen.
Dabei sehen wir uns als Teil der linken Bewegung, die für die Befreiung aller Menschen und gegen Ausbeutung, Unterdrückung, Hierarchien und Diskriminierung kämpft. 

*Wir setzen das Wort Frau/Frauen für Personen, die sich als Frau definieren und/oder von der Gesellschaft als weiblich wahrgenommen werden und somit ähnliche Erfahrungen machen.

Nächster Termin

Das nächste offene Treffen wird auf der Webseite beworben.

Weitere Infos & Kontaktmöglichkeiten


Stadtteilzentrum Gasparitsch

Das Gasparitsch ist ein selbstverwaltetes, selbstorganisiertes und unabhängiges Stadtteilzentrum für die Menschen in Stuttgart Ost. 

Hier gibt es Raum für verschiedene soziale, politische und kulturelle Angebote. Von regelmäßigen Nachbarschaftsfrühstücken, über Spielenachmittage und Häkelgruppe, Selbstverteidigungsgruppen für Erwachsene und Kinder, Lesungen, politischen Infoveranstaltungen, Kneipen und Konzerte bis hin zur Leihbibliothek und einem Infocafé mit Büchern und Zeitschriften sowie einer eigenen Stadtteilzeitung finden hier viele Menschen und Ideen Platz. 

Das Gasparitsch lebt von den Ideen und der Beteiligung der Menschen aus dem Stadtteil und setzt sich aus Einzelpersonen, Gruppen und Initiativen zusammen, die die Idee eines sozialen, politischen und kulturellen Raums unterstützen. Unser Motto ist: Je mehr sich beteiligen, desto mehr ist möglich.

Auch Du bist herzlich eingeladen. 

Nächste Termine

Dienstag, 09. Mai, 19 Uhr: Gasparitsch Treffen
Du hast Ideen fürs Gasparitsch, möchtest das Gasparitsch mitgestalten oder einfach mal die Gesichter hinter dem Gasparitsch kennenlernen? Dann komm vorbei!

Dienstag, 06. Juni, 19 Uhr: Blättle Redaktionstreffen
Du hast Ideen für Artikel? Du möchtest die Stadtteilzeitung mitgestalten? Du hast Lust beim Gasparitsch Blättle mitzumachen?
Dann komm zum Redaktionstreffen und sammel Ideen für die nächste Ausgabe.

Beide Treffen finden im Gasparitsch statt.

Weitere Infos & Kontaktmöglichkeiten


Veranstaltungen

Buchvorstellung: Gentrifizierung lässt sich nicht aufhalten und andere Lügen

Gentrifizierung – was genau ist das eigentlich? Und können wir etwas dagegen tun?
Die Autorin macht in ihrem Buch und in der Veranstaltung deutlich, dass die gewaltvolle Verdrängung eng mit Klassismus, Rassismus und Sexismus verbunden und eine Fortsetzung des kolonialen Projekts ist.

Veranstaltungsankündigung

Montag, 08. Mai 2023, 19 Uhr im Gasparitsch
Mit Leslie Kern, Veranstaltung findet auf Englisch mit Übersetzung statt.


Feminismus und Carearbeit

Was ist Care-Arbeit? Warum ist das für uns und die feministische Bewegung eine wichtige Debatte? Was war die Lohn für Hausarbeits-Bewegung und wie können wir heute die ungesehene Haus- und Sorgearbeit in den Mittelpunkt rücken und die Arbeit sichtbar machen?

Um diese Fragen und um vieles mehr wird es bei der Veranstaltung gehen.

Veranstaltungsankündigung

Donnerstag, 25. Mai 2023, 19 Uhr im Gasparitsch
Mit Günseli Yilmaz. Sie schreibt für Cogito und hält Vorträge im Rahmen inner- und außerhalb des Unikontexts.

Ausgewählte Texte