Loading...
AntifaFrauenkampfInternationalismusStadtteil

Kurzbericht zum 1. Mai in Stuttgart(-Ost): Einkommen rauf – Preise runter!

In diesem Jahr stand der 1. Mai für uns unter dem Motto „Einkommen rauf – Preise runter! Mehr Lohn reicht nicht – für eine solidarische Gesellschaft“. Neben dem Straßenfest am Stadtteilzentrum Gasparitsch lag unser Fokus auf der Kundgebung (die unter dem gleichen Motto stattfinden sollte) am Ostendplatz. Darüber hinaus riefen wir zu Beteiligung an der Revolutionären 1. Mai Demo auf.

1. Mai Demonstrationen

Die Demonstration zum 1. Mai stand unter dem Zeichen der Polizeigewalt.
Bereits die DGB-Demo wurde wegen Rauchtöpfen und einer symbolischen Papierwand, die von den Demonstranten eingerannt werden sollte, von der Polizei zu Großteilen festgesetzt und angegriffen. Es kam zu zahlreichen Verletzten, die wegen eingesetztem Pfefferspray und Schlagstockeinsätzen behandelt werden mussten.

Die Revolutionäre 1. Mai Demo, an der um die 700 Menschen teilnahmen, begann zunächst mit Reden zu den Protesten im Iran und zur Situation in der Türkei kurz vor den Wahlen. Kurz nachdem sich der Demozug in Bewegung gesetzt hatte, wurde dieser bereits wieder gestoppt. Der Grund: Zu lange, d.h. länger als 1,5m, Seitentransparente und vereinzelt getragene medizinische Masken, die als Vermummung gewertet wurden. Einzelne Versuche der Demo einen anderen Weg zu finden, wurden durch die Polizei gewaltsam gestoppt, selbst der Weg dem Demo zur U-Bahn wurde zeitweilig gewaltsam gestoppt. Nach zahlreichen Schikanen konnte zumindest ein Teil der Demo noch stattfinden und in Reden wurde die Notwendigkeit des Aufbaus von Gegenmacht betont.

Fest & Politprogramm

Das anschließende Straßenfest rund ums Stadtteilzentrum Gasparitsch war von Beginn an trotz widriger Wetterbedingungen mit mehreren hundert Leuten gut besucht.* An verschiedenen Infoständen, u.a. der organisierten autonomie und des Frauenkollektivs Stuttgart, konnten sich die Besucher*innen über die Aktivitäten der verschiedenen Gruppen informieren. Beim Politprogramm gab es Inputs zur Situation im Iran, zu betrieblichen Auseinandersetzungen, der Notwendigkeit sich gegen die Preissteigerungen und Inflation zusammenzuschließen und ein Theaterstück des Frauenkollektivs wie eine feministische Zukunft aussehen könnte.

Zudem wurde bekannt gemacht, dass Zusammen Kämpfen Stuttgart zusammen mit der organisierten autonomie (OA) aus Nürnberg die städteübergreifende organisierte autonomie gegründet haben und es von nun an die organisierte autonomie Stuttgart gibt. Denn der Weggang von lediglich lokal verankerten Gruppen hin zu einer bundesweiten Organisation ist ein wichtiger und notwendiger Schritt, um die Kämpfe für eine befreite Gesellschaft zu intensivieren.**

Kundgebung

Um 17 Uhr fand im Herzen Stuttgart-Osts die von der organisierten autonomie (OA) initiierte Kundgebung unter dem Motto „Einkommen rauf – Preise runter! Mehr Lohn reicht nicht – für eine solidarische Gesellschaft“ statt. Um die 80 Menschen nahmen sich selbstbestimmt die Straße und zogen als Demozug lautstark in Richtung Kundgebungsort.

In einem Grußwort der Informationsstelle Militarisierung wurde der Krieg thematisiert und die Notwendigkeit deutlich gemacht die Militarisierung zu bekämpfen, um die Zeitenwende zurückzudrehen.

In Reden der organisierten autonomie, des Stadtteilclub Ostends und der Freien ArbeiterInnen Union wurde auf die Hintergründe der Preissteigerungen eingegangen, auf die Notwendigkeit der Organisierung, ein Blick auf erfolgreiche Arbeitskämpfe geworden und festgehalten: Die Krise heißt Kapitalismus! (Einige der Reden findet ihr unten)

Die Kundgebung nahm sich auch im Anschluss die Straße und ließ den Abend am Fest am Gasparitsch bei leckerem Essen, Getränken und Live-Musik von Moltke & Mörike ausklingen.

organisierte autonomie Stuttgart
Mai 2023

* Zeitgleich fand am Linken Zentrum Lilo Herrmann das internationalistische Straßenfest statt.

** Über die Beweggründe den Schritt zu einer städteübergreifenden Organisierung zu machen, könnt ihr in unserem dazu veröffentlichten Interview nachlesen: https://www.eastside-stuttgart.org/2023/05/die-neugegruendete-staedteuebergreifende-organisierte-autonomie-oa-stellt-sich-vor/


Reden


Rede der organisierten autonomie Stuttgart

Liebe Freundinnen und Freunde,
Liebes Stuttgart-Ost,

Nach der Krise ist vor der Krise! Diese Phrase trifft ganz gut die ökonomische Entwicklung der letzten Jahre und Jahrzehnte. Denn seit Ende der 2000er, als das Wörtchen Krise seinen bedeutungsschwangeren Einzug in das Vokabular der Medien und ins kollektive Bewusstsein der Bevölkerung in der westlich geprägten Hemisphäre getreten ist, scheint kaum ein Jahr ohne eine solche zu vergehen. Lehman-Krise, Finanz-Krise, Euro-Krise, Corona-Krise, Gas-und Rohstoff-Krise, sind nur einige Beispiel, die ich hier anführen möchte. Seit einiger Zeit scheint die Welt aus den Fugen geraten und es sei an der Zeit wieder etwas Ruhe in das Ökonomische unsere Weltgesellschaft zu bringen. Eines ist sicher: die tektonischen Platten dieses Gerüstes sind deutlich in Bewegung und wie lange die ökonomische Prägung, die der Westen unserer Welt aufgezwungen hat, noch anhält ist fraglich und kann sicherlich nur spekulativ beantwortet werden.

Darum soll es heute aber nicht vordergründig gehen. Vielmehr geht es uns um die Auswirkungen und Betroffenheiten dieser so fulminant betitelten Krisen. Denn für große Teile unsere Klasse, also diejenigen, die keine Unternehmen oder Geldinstitute besitzen, lohnabhängig sind oder auf die Unterstützung einer Solidargemeinschaft angewiesen sind bedeuten diese Krisen eklatante Einschnitte in ihr Leben. Steigende Preise oder stagnierende Löhne sind keine Abstraktheit, sondern spiegeln sich knallhart im Geldbeutel und im schwindenden Wohlstand wider. Oder noch konkreter bedeutet es für viele die Sorge, was, wie und wo sie einkaufen gehen können oder ob die Kohle noch bis zum Monatsende reicht.

Aber nicht nur das, auch Mieten und Energiepreise auf Rekordniveau werden nicht einfach durch 

markige Sprüche von enger geschnallten Gürteln und Wollpullovern kompensiert, sondern bedeuten Wohnungsverlust, Wegzug, Verlust von Lebensqualität und Schulden.

Für uns bedeuten diese Krisen nicht, periodisch wiederkehrende „schlechte Jahre“, die es zu überbrücken gilt, um dann bei einem Aufschwung zu Versuchen die Rendite zu erhöhen und wirtschaftlich erfolgreich zu sein, wie es Unternehmen tun. Nein im Gegenteil – für uns bedeuten sie weniger Kohle, weniger soziale Sicherheit, immer mehr Angst vor dem sozialen Abstieg – kurz gesagt immer weniger Leben. Für uns sind es nicht Krisen- sondern eine Krise – und die hat einen Namen: Kapitalismus!

Es sind nicht einzelne Menschen und deren Gier, die zu diesen Entwicklungen führen. Nein es ist ein Wirtschaftssystem in dem nicht der Mensch und seine Entwicklung als Mensch im Mittelpunkt steht, sondern eine sich auf alle Lebensbereiche ausbreitende Markt- und Profitlogik, die zur Selbsterhaltung auf stetige Expansion angewiesen ist. Es ist ein Wirtschaftssystem, das in seiner Logik nicht Gleichheit, Solidarität und soziale Gerechtigkeit als Zielsetzung kennt, sondern nur wenige Sieger und sehr viele Verlierer produziert. 

Das ist ein System von Ungleichheiten, Konkurrenz und Spaltung. Ein System welches Menschen unserer Klasse sicherlich keine Vorteile bietet und bieten wird. Wir stehen für eine Gesellschaft jenseits der Profitlogik und der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Für uns muss die Versorgung der Gesellschaft, die gesellschaftliche Arbeit und jegliche notwendige Infrastruktur sich an den Bedürfnissen und Notwendigkeiten der Menschen orientieren. Es geht darum, den gesellschaftlich erwirtschafteten Reichtum für die Versorgung der Gesellschaft einzusetzen und nicht für die Gewinne einzelner, die dann alleinig darüber entscheiden, wie sie diesen einsetzen.

Denn wir sind es, die die Arbeit schaffen, die erziehen, ernähren, die pflegen, produzieren, organisieren und verwalten. Wir sind es, die die Gesellschaft gestalten und am Leben erhalten. Lasst sie uns gemeinsam so umgestalten, dass eine solidarische Organisation der Gesellschaft und internationale Solidarität endlich zum Ziel unseres gemeinsamen Handelns wird.

Heute ist der erste Mai – der Kampftag der Arbeiter*innenklasse – unser Tag. Der Tag, der daran erinnert, dass diese Krisen und deren Auswirkungen keine Naturgesetzmäßigkeiten sind, denen wir fatalistisch entgegensehen und diese hinnehmen müssen. Nein, es liegt an uns ins Handgemenge einzugreifen. Denn wenn sich etwas ändern soll, dann müssen wir das selber tun! Uns nicht in kleinteiligen Einzelkämpfen und Auseinandersetzungen zu verlieren, sondern durch Austausch, gemeinsame Diskussionen und Kämpfen, das Gemeinsame, das Kollektive im so oft scheinbaren Einzelnen erkennen und dieses zu forcieren, als Nachbar*innen, als Mieter*innen, als Kolleg*innen. Egal ob im Betrieb, im Stadtteil, auf dem Amt, in der Schule oder Universität.

Lasst uns gemeinsam, als Teil eben dieser Arbeiter*innenklasse kollektiv kämpfen, gegen die alltägliche Krisenhaftigkeit unseres Lebens.

Lasst uns solidarisch zusammenstehen, wenn es wieder mal heißt, dass die Mehrheit unserer Bevölkerung, die wenig bis nichts besitzt, die Zeche zahlen soll für den ökonomischen Wahnsinn in dem wir Leben, während die verursachenden sich gütlich halten.

Lasst uns zusammenkommen und gemeinsam kämpfen für eine Welt in der Unterdrückung und Ausbeutung der Vergangenheit angehören.

Lasst uns heute, morgen und für immer streiten

  • für eine solidarische Gesellschaft und
  • für die Autonomie unserer Klasse!

Rede des Stadtteilclub Ostend

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Nachbarschaft, liebe Genossinnen und Genossen,

mit unserer Rede möchten wir auf die aktuelle Situation an den Kassen eingehen und uns mit den Preissteigerungen der letzten Monate und Jahre befassen. Aus dieser Zeit stammen Schlagzeilen wie

Schock an der Tankstelle – Spritpreise explodieren“

Steigende Lebensmittelpreise: Ausgewogene Ernährung als Luxus?“

oder auch

Alarmstufe Brot: Wie viel darf ein Grundlebensmittel kosten?“

Diese Aufmacher liegen vielen von uns seit geraumer Zeit in den Ohren und vor allem auch auf dem Geldbeutel!

Was nun erstmal plakativ klingt, lässt sich selbstverständlich mit konkreten Zahlen belegen: So stiegen die Preise für Lebensmittel innerhalb eines Jahres um ca. ein Viertel, Strom- und Gaspreise haben sich im Vergleich zum Ende des Jahres 2021 min. verdoppelt bis knapp verdreifacht, die seit Ewigkeiten stetig steigenden Mieten stiegen auch 2020 – 2022 um ca. 7% und für die Fahrt an die Zapfsäule ließen sich die Mineralölkonzerne im selben Zeitraum bis zu 29% mehr bezahlen.

So einschneidend diese Entwicklung für Viele von uns ist, so sehr wurden die eben zitierten Schlagzeilen in den letzten Monaten und Jahren zunehmend zur Normalität.

Sie sind Teil unseres Alltags und wir haben uns längst an sie gewöhnt.

So kommt es, dass die Teuerungen oftmals nur noch schulterzuckend hingenommen werden, sind sie doch meist zu abstrakt und kommen wie aus dem Nichts über Nacht.

Und beim Lesen solcher Schlagzeilen scheint es fast so, als führten Preise ein Eigenleben, welches außerhalb menschlichen Handelns stehen würde.

Häufig halten die vielzitierten und für Viele doch undurchsichtigen „Regeln des Marktes“ als Grund her, ab und zu bekommen wir auch etwas greifbarere Gründe für Preisanstiege präsentiert, wie etwa aktuell der Krieg in der Ukraine.

Was letztlich bleibt ist stets das Gefühl, dass Preise abstrakt sind und außerhalb unseres Handlungsspielraums stehen.

Warum ist das so?

Einige Schlagzeilen geben uns darauf einen Hinweis: So konnten wir in den vergangenen Tagen lesen, dass beispielsweise Nestle, einer der größten Lebensmittelkonzerne, dank dieser Preiserhöhungen seinen Umsatz im letzten Quartal steigern konnte – und das, obwohl der Konzern weniger verkaufte. RWE als einer der großen vier Energieanbieter in der BRD steigerte seine Gewinne im ersten Quartal gar um unglaubliche 356 Prozent!

Als Beleg dafür, dass dies nicht nur anekdotische Ausreißer nach oben sind, lässt sich eine Meldung der Tagesschau aus der vorletzten Woche zitieren:

Deutsche Firmen mit Rekorddividenden:

Die Aktiengesellschaften in Deutschland werden in diesem Jahr rund 75 Milliarden Euro Dividenden an ihre Aktionäre auszahlen – so viel wie noch nie.“

Doch was in dieser Flut der medialen Metaphern oft untergeht, ist die Tatsache, dass hinter jedem dieser Preisanstiege Menschen stehen, die sich aktiv dafür entscheiden, an der Preisspirale zu drehen!

Dies tun sie jedoch nicht allein aus einer spontanen Laune oder gar aus charakterlicher Schwäche und Gier heraus, wie es in letzter Zeit oft zu lesen ist. Das Ganze ist viel weniger zufällig und letztlich doch viel perfider – denn das Ganze hat System.

Und zwar ein System, dessen Motor die Konkurrenz ist und welches auf Teufel komm raus auf Wachstum angewiesen ist. Nur wer wächst, und immer höhere Gewinne erwirtschaftet, kann sich im Haifischbecken des Kapitalismus über Wasser halten.

Preise sind also kein zufällig entstehendes Naturschauspiel, sondern ein systematisch verwendetes Instrument einiger Weniger, mit welchem sie sich selbst in Ihrer Klasse der Kapitalisten halten und eben auch ihre Taschen immer weiter und schneller füllen.

Zermahlen in den Mühlen des Kapitalismus werden hierbei wir, die ArbeiterInnenklasse, denn wir sind es, die das Wachstum der Konzerne durch unsere Arbeitskraft und eben auch durch immer höhere Preise zu erwirtschaften haben. Und wir zahlen hierbei längst nicht nur finanziell höhere Preise. Nein, wir bezahlen auch mit unserer körperlichen und psychischen Gesundheit durch zunehmende Arbeitsbelastung, wir bezahlen mit abnehmender sozialer Einbindung, wachsender Vereinsamung und letztlich auch mit einem Haufen unserer Lebenszeit.

Die Entscheidungen, uns all das und stetig mehr zahlen zu lassen, um somit das eigene Wachstum zu gewährleisten werden daher bewusst und mit Kalkül von einigen Wenigen getroffen.

Mit dieser Methodik ist es dem reichsten Prozent der Deutschen gelungen, mittlerweile ca. ein unfassbares Drittel des Gesamtvermögens zu besitzen. Gleichzeitig haben die ärmsten 10 Prozent der Bevölkerung nicht mal Nichts, sondern sogar noch Schulden – bei wem dürfte klar sein.

Um das nochmals konkret zu verdeutlichen, lasst uns noch kurz auf ein aktuelles Beispiel blicken: Der Energieversorger EON, der auch zu den großen Vier der BRD gehört, konnte im Februar erst einen Gewinn von 8 Milliarden Euro für 2022 vermelden. Und gerade jetzt untermauert der Konzern eindrucksvoll all das, was gerade ausgeführt wurde indem er ab dem Juni weitere Strompreiserhöhungen in der Grundversorgung um ganze 45% ankündigt.

Als ob all das nicht genug wäre, unterstützen dies auch die Regierenden in der Politik durch ihre neoliberale Agenda, indem sie bspw. Steuererleichterungen für Unternehmen und gleichzeitig ein Zusammenstreichen der Sozialausgaben aufgrund „leider, leider“ erforderlicher Sparmaßnahmen anstreben. Denn auch sie sind Teil des kapitalistischen Systems, in dem der Profit über dem Mensch steht!

So deprimierend diese Rede zugegebenermaßen bisher sein mag, so wichtig ist es nun auch Möglichkeiten aufzuzeigen, wie wir dieses System der Ausbeutung überwinden können!

Hierfür ist es wichtig zu begreifen, dass dieses System von Menschen gemacht ist und somit auch von diesen Überwunden werden kann!

Also lasst uns den heutigen Tag nutzen und unsere Wut auf das kapitalistische System und die daraus resultierenden Preise gegen diejenigen zu richten, welche ebendiese Preise stetig anheben und sich an der Arbeitskraft unserer Klasse bereichern.

Wir – das sind diejenigen, die den Preis, für den sich stetig mehrenden Wohlstand Weniger zu zahlen haben!

Wir – das sind diejenige, welche für immer weniger Reallohn immer mehr Arbeit für undurchsichtige Konzerne zu leisten haben.

Wir sind aber auch diejenigen, die es in Hand haben können.

Wir sind nicht dazu verdammt, auf ewig den Reichen und Mächtigen ausgeliefert zu sein.

Denn am Ende des Tages sind wir viele Ausgebeutete gegen wenige Ausbeuter und haben schon aufgrund dessen das Potential, die Machtfrage neu zu stellen und gemeinsam ein faireres, besseres Leben für Alle und nicht nur für einige Wenige zu erreichen!

Auch wenn es weit entfernt scheint, lohnt es sich, sich zu vernetzen, um dieses Ziel zu erreichen. Denn nur kollektiv und solidarisch werden und können wir uns selbst in die Lage versetzen, die geschilderten Verhältnisse von Grund auf zu ändern!

Wenn wir euer Interesse geweckt haben, bedient euch gerne hier am Infomaterial, oder sprecht uns direkt hier oder auch im Anschluss drüben auf dem Fest im Stadtteilzentrum Gasparitsch an oder kommt am 13.05. bei uns im nächsten Stadtteilclub vorbei.

Dankeschön!


Grußwort von Jürgen Wagner (Informationsstelle Militarisierung)

Militarisierung bekämpfen – Die Zeitenwende zurückdrehen!

Liebe Freundinnen und Freunde,
ich grüße Euch zum Tag der Arbeit am 1. Mai, an dem es so wichtig wie schon lange nicht mehr ist, dass wir uns auch gegen die dramatische Militarisierung zur Wehr setzen, die sich hinter dem Begriff der Zeitenwende verbirgt.

Wir erleben deren Folgen innenpolitisch auf unzähligen Ebenen: Etwa durch eine beispiellose Verrohung der politischen Debatten, Menschen, die sich für Frieden und Abrüstung einsetzen, werden heute wieder als „Lumpenpazifisten“ oder als „Fünfte Kolonne Moskaus“ beschimpft.

Dazu trägt natürlich auch das „Sondervermögen“ der Bundeswehr von 100 Mrd. Euro bei, die nichts anderes als Schulden sind, die spätestens ab 2031 zurückgezahlt werden müssen.

Dieses Geld sei nötig, weil die Bundeswehr in den letzten Jahrzehnten angeblich „chronisch kaputtgespart“ worden sei – das ist eine dreiste Lüge!

Während sich der Militärhaushalt im Jahr 2000 „lediglich“ auf rund 24 Mrd. Euro belief, stieg er bis 2022 rasant auf 50,4 Mrd. Euro an. Von kaputtgespart kann also keine Rede sein, es war aber genau diese Lüge – oder, wie man heute gerne sagt, diese „Fake News“ –, die dazu führte, dass es so wenig Widerstand gegen das von Kanzler Scholz ausgelobt „Sondervermögen“ gab.

Und nun, vollgestopft mit den Milliarden aus dem „Sondervermögen“, sorgen die Rüstungsindustrie und ihre Lobbyisten dafür, dass sich die mediale Debatte immer weiter Richtung Militarismus verschiebt.

Und dabei werden die Waffen für den Ukraine-Krieg noch nicht einmal aus dem „Sondervermögen“ oder aus dem regulären Verteidigungshaushalt bezahlt.

Sie stammen aus dem sogenannten Allgemeinen Haushalt, dem voriges Jahr 2 Mrd. Euro für Waffen an die Ukraine entnommen wurden, um den dortigen Stellvertreterkrieg zwischen dem Westen und Russland zu befeuern. Für dieses Jahr waren ursprünglich 2,2 Mrd. Euro vorgesehen, die kürzlich massiv auf 5,4 Mrd. Euro aufgestockt wurden. Für die kommenden Jahre wurden jetzt schon weitere 8,8 Mrd. Euro ausgelobt.

Neben den Geldern nimmt auch die Feuerkraft immer weiter zu: Erst waren es Helme, dann Panzerhaubitzen, dann Flakpanzer (Gepard), dann Schützenpanzer (Marder), schließlich Kampfpanzer (Leopard-2) und Deutschland hat auch schon die Genehmigung für die Lieferung von Kampfflugzeugen aus ehemaligen DDR-Beständen gegeben.

Doch Aussagen zahlreicher Militärs zufolge werden diese Waffen der Ukraine nicht zum Sieg verhelfen, sie werden lediglich zur Verlängerung des Krieges und zur Steigerung seiner Opfer beitragen.

Das muss aufhören – wenn schon nicht aus moralischen Gründen, so wenigstens aus purem Eigeninteresse. Denn die Gefahr, dass es zu einem Krieg zwischen der NATO und Russland kommt, ist real – und sie nimmt zu.

Zur sofortigen Aufnahme von Verhandlungen besteht deshalb keine Alternative, dies kategorisch abzulehnen, ist gefährlich und fahrlässig.

Liebe Freundinnen und Freunde,
während der Krieg in der Ukraine immer weiter eskaliert, nutzen interessierte Kreise bereits die Zeit, um den nächsten Coup vorzubereiten.

Das Sondervermögen von 100 Mrd. Euro mit dem der „normale“ Militärhaushalt aufgestockt wird, ist auf fünf Jahre ausgelegt – 2026 muss es aufgebraucht sein.

Und die entscheidende Frage, die sich spätestens dann stellen wird, ist, ob es dann zu einer dauerhaften Erhöhung des deutschen Militärhaushaltes kommen wird – also zu einer „Verstetigung“ des Sondervermögens.

Liebe Freundinnen und Freunde,
das muss unbedingt verhindert werden, denn sollte das Sondervermögen verstetigt werden, würde dies bedeuten, den „regulären“ Militärhaushalt von 2026 auf 2027 um rund 40 Mrd. Euro anzuheben.

Dies wäre nur durch massive Kürzungen in allen möglichen anderen Haushalten möglich, die Folgen wären gravierend, nicht zuletzt auch deshalb, weil dadurch der nun durch das Sondervermögen beförderte Turbo-Militarismus zu einem Dauerzustand würde.

Das ist also eine der entscheidenden kommenden Debatten – und zwar nicht nur für die Friedens- und Antikriegsbewegung, sondern auch für die Gewerkschaften, für die Wohlfahrtsverbände, für Klimaaktivist*innen und für alle, die sich für eine friedliche und soziale Gesellschaft einsetzen.

Deshalb: Die Militarisierung bekämpfen – Die Zeitenwende zurückdrehen!


Rede der Freien ArbeiterInnen Union Stuttgart

Deutschland war für einen Tag wieder im Lockdown. Das haben uns die bürgerlichen Journalist*innen von der BILD bis zur Stuttgarter Zeitung verkündet. Aber am 27. März war es kein Virus, der das Land lahmgelegt hat. Nein, es waren die Beschäftigten von Bahn und Öffentlichem Nahverkehr, die in einen eintägigen bundesweiten Warnstreik traten.

Besonders war diesmal auch, dass Fridays For Future ebenfalls am 27. März unter dem Motto „Wir Streiken Zusammen“ zum Aktionstag aufgerufen hat. Dadurch wurde noch einmal unterstrichen, dass der Kampf gegen die Klimakrise und der Kampf um unsere Arbeits- und Lebensbedingungen eben kein Widerspruch sind, wie uns die Rechten weis machen wollen.

Der Streik am 27. wurde im Wesentlichen von den DGB-Gewerkschaften Verdi und EVG getragen und hat uns eine Ahnung von der Macht der Lohnabhängigen vermittelt. „Alle Räder stehen still, wenn Dein starker Arm es will“, heißt es in einem bekannten Lied aus den Anfängen der Arbeiterbewegung. Der Spruch hat auch heute nichts von seiner Bedeutung verloren, da können sie uns auch noch so oft erzählen, dass es keine Arbeiterklasse mehr gibt. Von der Stärke der organisierten Arbeiter:innen bekamen wir beim Warnstreik vom 27. März eine Ahnung.

In Frankreich konnten wir in den letzten Monaten sehen, wie das Land stillsteht, wenn die Arbeiter:innen sich ihrer Macht bewusst werden. Dort protestieren seit Monaten Hunderttausende gegen die Erhöhung des Renteneinstiegsalters. Wenn der französische Präsident Macron gedacht hat, dass der Widerstand zusammenbricht, wenn er die Erhöhung des Rentenalters ohne Parlamentsbeschluss durchsetzt, hat er sich getäuscht. Auch heute wieder war die französische Arbeiterklasse auf der Straße und hat gezeigt, dass es ihnen reicht.

Genug ist genug – das könnte auch in Deutschland zum Motto einer Arbeiterbewegung werden, die gerade jetzt – in Zeiten von steigender Inflation – nicht mehr bereit ist weiter für die Krise zu zahlen und Reallohnverluste hinzunehmen. Der beste Kampf gegen steigende Mieten und Energiepreise wären Streiks für mehr Lohn, die den Bossen auch wehtun. Denn nur dann sind sie wirksam. Da haben uns die Kolleg*innen Frankreich einiges voraus.

Dass auch in Deutschland genügend Kampfbereitschaft bei den Kolleg*innen vorhanden ist, zeigte sich Anfang März, als 86 Prozent der gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten bei der Post in einer Urabstimmung für einen Erzwingungsstreik gestimmt haben, mit dem sie 15 Prozent mehr Lohn durchsetzen wollten. Mit dem guten Ergebnis im Rücken, wurde aber nicht sofort mit dem Streik begonnen. Stattdessen ging ver.di in eine erneute Verhandlungsrunde und akzeptierte einen Abschluss, der sicher einige Verbesserungen aber auch Reallohnverluste bedeutet. Vor allem aber wurde hier wieder einmal eine Chance vertan, dass kampfbereite Arbeiter:innen ihre eigene Macht spüren und auf jeden Fall ein besseres Ergebnis erreichen.

Wie es gehen kann, haben uns im April die georgischen und usbekischen LKW-Fahrer von der Raststätte Gräfenhausen bei Darmstadt gezeigt. Nachdem ihnen Löhne von über 300.000€ vorenthalten wurden, haben sie insgesamt 6 Wochen wild gestreikt und ihre Laster mitsamt der Ladung nicht rausgerückt. Selbst als ihr Chef mit einer Schlägertruppe aufgekreuzt ist und versucht hat den Streikenden die Laster zu klauen, haben sie standgehalten und seitdem eine Welle der Solidarität und Unterstützung von der FAU, über den DGB bis zu den Kirchen erhalten. 6 Wochen haben sie durchgehalten, bis der letzte Euro letzten Freitag tatsächlich auch gezahlt wurde und der Chef seine Anzeigen gegen die Streikenden zurückgezogen hat. Erst dann haben sie gemeinsam den Streik beendet und ihre LKW übergeben.

Was können wir daraus lernen?

  1. Wir müssen uns bewusst werden, welche Macht wir als Arbeiter*innen in den Händen halten. Wenn wir Arbeiter*innen wollen, dann steht die Welt still.
  2. Wenn wir richtigen Erfolg haben wollen, dann müssen wir selbst kämpfen und dürfen die Führung nicht an Gewerkschaftsfunktionäre, Anwälte oder Politiker delegieren. Als Arbeiter*innen haben wir selbst die meiste Macht.
  3. Wenn wir kämpfen müssen wir zusammenhalten und dürfen uns nicht spalten lassen. Denn einen Finger können sie brechen, aber fünf Finger sind ne Faust.

Zum Abschluss möchte ich am 1. Mai – dem Internationalen Tag der Arbeiterbewegung – noch auffordern:

Organisiert Euch! Tretet einer Gewerkschaft bei (am besten natürlich der FAU) und werdet aktiv am Arbeitsplatz!

Ausgewählte Texte