Am 8. März organisierten wir eine Kundgebung gemeinsam mit dem Frauenkollektiv Stuttgart auf dem Ostendplatz. 80 Menschen versammelten sich vor Ort, um für eine feministische Zukunft einzustehen.
Das Frauenkollektiv Stuttgart eröffnete die Aktion mit einem Redebeitrag, der thematisierte, warum Frauen immer noch nicht gleichberechtigt sind.
„Es reicht nicht aus, nur über formelle Gleichberechtigung zu sprechen. Die unfairen Verhältnisse müssen sichtbar und besprechbar gemacht werden. In unserem feministischen Kampf benennen wir die Strukturen, die unsere Teilhabe verhindern. Wir haben diese Ungleichbehandlung von Frauen* einfach satt und geben uns nicht mit bloßer Gleichberechtigung zufrieden. Wir wollen echte gesellschaftliche Veränderung, die Frauen gleichgestellt mitdenkt. Daher fordern wir konkret: von Männern konkrete Handlungen, wie beispielsweise ohne Aufforderung geteilte Care-Arbeit (50/50) zu übernehmen oder mehr als nur einen Monat in alleinige Elternzeit zu gehen. Wir fordern, Menschen bei sexistischen Aussagen und diskriminierendem Verhalten scharf zu kritisieren, auch wenn keine Frauen, die das betrifft im Raum anwesend ist. Wir fordern, dass weibliche Perspektiven in frauenspezifischen Diskursen gehört werden und danach gehandelt wird. Wird fordern, dass Arbeit von Frauen – ob Lohnarbeit oder Arbeit im familiären Raum – als gleichwertig angesehen wird und so auch bezahlt wird. Wir fordern, dass unsere körperlichen Selbstbestimmungsrechte geschützt werden. Und wir fordern, dass Gewalt gegen Frauen nicht als Einzelfälle oder “tragische Beziehungstaten” bagatellisiert werden, sondern als das angesehen werden, was sie sind Gewalt gegen Frauen mit System und FEMIZIDE.“
Eine feministische Performance machte auf das Thema der patriarchalen Gewalt aufmerksam mit musikalischer Begleitung eines Cellos und Ausdruckstanz. Sie stellen szenisch dar, wie alles beginnt, in der Unschuld eines Mädchens, das freudig und neugierig heranwächst und die Welt erkunden möchte. Nach und nach bricht die Realität über sie herein und das Gewicht des Patriarchats lastet auf ihren Schultern, setzt ihr ungerechte Regeln und Erwartungen auf. Am Ende der Performance wird deutlich, wie wichtig feministische Solidarität ist, denn ohne uns alle, wird es keine revolutionäre feministische Veränderung geben und keine Frau frau sein.
Nach weiteren Redebeiträgen von der Gruppe ADKH, die sich als Teil der demokratischen Frauenbewegung verstehen, zu Rechtsruck und Faschismus und eines Redebeitrag der Gruppe SozialRadikalGegen`sKapital (SRGK) zur Verschränkung von Sexismus und Klassismus, endet die Kundgebung mit einem Redebeitrag der Organisierten Autonomie Stuttgart. Hier wurde nochmal darauf eingegangen, dass es eine gesellschaftliche Aufgabe sein muss, Haus – und Sorgearbeiten geschlechtergerecht zu verteilen und die Verhältnisse so angegangen werden müssen, dass dies nicht alleine auf den Schultern der Frauen lastet. Hier ein kurzer Ausschnitt:
„Wenn wir mal durchatmen können, stellt sich die Frage: Wo bleibt da eigentlich noch Zeit für mehr? Wie sollen Bildung, Engagement und obbies neben Care-Arbeit und Mental Load noch Platz haben? Dies geht eigentlich nur, wenn einem jemand den Rücken freihält. Aus unseren Erfahrungen, aber auch statistisch gesehen, sind die, die diese Arbeiten ausführen zum überwiegenden Teil immer noch Frauen*. Deshalb stellt sich uns die Frage: Wie können wir unser Zusammenleben, unsere Gesellschaft und die Politik verändern, dass eine gleiche Aufteilung der Erziehungs- und Pflegearbeit möglich wird? Damit wir alle Zeit haben und trotzdem die Kinder nicht verhungern, die Oma versorgt und das Zuhause kein Saustall ist. Hinzu kommt, dass wir in einer Zeit leben, in der vieles im Umbruch ist. Kriege treten vor unsere Haustür und bringen neben menschlichem Leid auch Tod, eine Energie- und Wirtschaftskrise folgt nach der anderen. Rechte Akteure, wie jüngst mal wieder an der AfD zu sehen ist, versuchen einen Rollback in vergangene vermeintlich „gute alte Zeiten“ und schüren Hass, Rassismus und engstirniges Denken. Gerade haben wir die Corona-Pandemie überstanden, die uns Frauen im wahrsten Sinne des Wortes zurück an den Herd katapultierte und die Gewalt in Familien explodieren ließ und nun heißt es wieder einmal den Gürtel enger schnallen. Für sogenanntes „Sozialklimbim“ sei laut dem Bundesfinanzminister Lindner kein Platz.“
Nach der Kundgebung auf dem Ostendplatz ging es weiter bei der Demo vom Aktionsbündnis 8. März um 16.00 Uhr auf dem Schlossplatz unter dem Motto: „Wir lassen uns nicht kaputtsparen! Feministisch kämpfen jetzt!“, bei der wird mit einem Infotisch vor Ort mit vielen interessierten Menschen ins Gespräch kamen. Der Demonstrationszug mit ungefähr 3500 Menschen forderte ein besseres Leben mit einer feministischen Perspektive jenseits von Patriarchat und Kapitalismus. Außerdem wurde in den Redebeiträgen zu dem aktuellen Rechtsruck nochmal klare Position bezogen, da es als Feminist*innen unsere Aufgabe sein muss sich gegen jegliche rechten, reaktionären und konservativen Kräfte zu stellen.
Beim feminstischen Soli-Cornern abends im Stadtteilzentrum Gasparitsch fanden sich viele Menschen nach der Demo ein, um sich zu stärken und um 20.00 Uhr eröffnete das Frauenkollektiv Stuttgart ihre Ausstellung, mit dem Titel: „Frauen*kampf gestern, heute, morgen“, in der nochmal die Fragestellung behandelt wird: „Wir sind doch alle schon gleichberechtigt oder!?“ Die Ausstellung ist noch bis Ende April im Stadtteilzentrum Gasparitsch zu sehen, immer freitags ab 20.00 Uhr, schaut gerne vorbei.
Der krönende Abschluss dieses gelungenen feministischen Frauenkampftag fand im SunnyHigh in Bad Cannstatt statt. Dort konnte bei der feminstischen 8. März Party bis in die Morgenstunden getanzt werden.
*Wir setzen das Wort Frau/Frauen für Personen, die sich als Frau definieren und/oder von der Gesellschaft als weiblich wahrgenommen werden und somit ähnliche Erfahrungen machen.