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Frauenkampf

Gerade in diesen Zeiten gegen Gewalt an Frauen*!

Gewalt gegen Frauen ist in unserer Gesellschaft alltäglich. Sie wird als scheinbar naturgegeben hingenommen und unabhängig von ihrer sozialen Schicht oder ihrem Alter sind alle Frauen davon betroffen. Gewalt gegen Frauen ist zum einen die tatsächlich angewandte Gewalt, zum anderen die permanent schwelende Bedrohung durch Gewalt gegenüber Frauen. Sie hat viele verschiedene Facetten und reicht von körperlicher Gewalt, über sexuelle Gewalt, wie Missbrauch oder Vergewaltigung. Bis hin zu psychischer und emotionaler Gewalt, wie Verunsicherung und Herabwürdigung von Frauen, das Kontrollieren ihres Alltags oder das Zufügen von emotionalen Verletzungen. Außerdem sind verbale Angriffe, zu denen Beschimpfungen und sexuelle Belästigung gezählt werden, aber auch das hinterher pfeifen oder anbaggern von Frauen in der Öffentlichkeit – auch „catcalling“ genannt – ein weiterer Aspekt psychischer Gewalt gegenüber Frauen. Die äußerste Form von Gewalt an Frauen ist die Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts – den Femizid – die extremste Zuspitzung des ganz normalen Geschlechterverhältnisses.

Steigende Gewalt während des Lockdowns…

Der Lockdown, der zur Eindämmung des Virus notwendig ist, hat bereits und wird in vielen Bereichen der Gesellschaft spürbare Folgen hinterlassen. Die Situation im Lockdown, in der Familien auf engstem Raum eingepfercht waren, keinen oder wenig Kontakt zu anderen Menschen hatten und ihre Kinder zu Hause unterrichtet haben, hat dazu geführt hat, dass die Gewalt gegen Frauen enorm zugenommen hat.Viele Frauen konnten sich in der Zeit der strengen Kontaktbeschränkungen nicht aus der Situation einer belastenden Partnerschaft entziehen.

Familiäre Räume und Zusammenhänge sind nicht selten Orte der Gewalt gegen Frauen und das nicht erst seit Corona. Statistiken beweisen, dass die häufigsten Übergriffe auf Frauen im häuslichen Umfeld durch Ehepartner oder männliche Familienmitglieder stattfinden.

So ist auch die Zahl der Femizide während des Lockdowns deutlich gestiegen. Alleine in der Region Stuttgart gab es während der Zeit des Lockdowns mehrere Fälle, bei welchen Frauen durch ihren Partner ermordet wurden. Bereits im März wurde z.B. eine Frau in Rudersberg (Rems-Murr-Kreis) von ihrem Partner mit einem Klappmesser getötet und im Juni 2020 wurde eine Frau am Nordbahnhof in Stuttgart von ihrem Ehemann nach einem Streit auf offener Straße mit einer Machete so schwer verletzt, dass diese zwei Tage später ihren Verletzungen erlag.

Gewalt gegen Frauen in seinen verschiedenen Ausformungen ist „as old as patriarchy“, verschärft sich aber in gesellschaftlichen Krisensituationen wie der Corona-Pandemie. Der Lockdown kann quasi als „Brandbeschleuniger“ gesehen werden, der eine Situation, die sowieso schon bestand, verschärft und noch deutlicher zum Vorschein gebracht hat.

Gewalt gegen Frauen hat System und muss auch als solche betrachtet werden…

Über psychische, emotionale, physische oder sexuelle Angriffe wird die Frau in ihrem Erscheinungsbild, ihren Entscheidungen und Verhaltensweisen kontrolliert und konditioniert und dadurch der Besitzanspruch des Mannes über die Frau und ihren Körper durchgesetzt.

Dass diese Missstände bestehen ist darauf zurück führen, dass wir im Patriarchat leben. Stereotype und hierarchisierte Geschlechterrollen – hergeleitet und gerechtfertigt durch angeblich physische Unterschiede – führen zur Unterdrückung der Frau. Das beginnt bereits bei der rollenspezifischen Erziehung von Kindern und führt zur Arbeitsteilung bei der Haus- und Familienarbeit.

Die Rollenzuschreibungen bei den Geschlechtern mit ihren dazugehörigen Bewertungen ebnen den Weg für physische, psychische und sexualisierte Gewalt.

Das kapitalistische System, indem wir leben, trägt ebenfalls zur Zementierung der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern bei. Die immer noch bestehende ungleiche Bezahlung der Geschlechter führt zu finanziellen Abhängigkeiten der Frauen von ihren Männern und dadurch oftmals zu der Situation, dass Frauen in unglücklichen oder gar in gewalttätigen Beziehungen „ausharren“ (müssen).

Gewalt gegen Frauen aufzeigen, benennen, bekämpfen…

Zum diesjährigen Tag gegen Gewalt an Frauen, wollen wir auf die verschiedenen Formen der Unterdrückung der Frauen aufmerksam machen. Dazu müssen wir auch unbedingt normgebende Paarmodelle und Fürsorgezusammenhänge, wie die Familie und die Ehe hinterfragen und sie nicht einfach als vermeintlich naturgegeben hinnehmen und glorifizieren. Auch die Rolle der Frau als Putzkraft, fürsorgliche Ehefrau und Mutter muss von uns überdacht werden. Wir fordern alle dazu auf, diese Rollenzuschreibungen nicht unhinterfragt zu reproduzieren, sondern auf den Prüfstand zu stellen. Wir wollen die volle Wahlmöglichkeit eines gesellschaftlichen Lebens auch fernab geltender familiärer Modelle, in der wir Frauen meist in der fürsorglichen Rolle nur für andere da sind und dies oft zur völligen Selbstaufgabe unserer selbst führt.

Wir müssen außerdem den Kampf für gleichen Lohn für gleiche Arbeit voran treiben sowie Femizide als solche benennen und nicht länger als Beziehungstaten oder Eifersuchtsmorde verschleiern.

Wir kämpfen…

…gegen Gewalt an Frauen jeglicher Art, sei es psychischer, physischer, sexueller oder emotionaler Natur.

…dafür, dass herrschende Ungerechtigkeiten gesehen, angesprochen, aufgedeckt, hinterfragt und letztlich überwunden werden.

…für eine Welt, in der wir als Frauen selbstbestimmt und frei von Unterdrückung und Ausbeutung leben können.

Frauen aller Länder vereinigt euch!

Wir stehen ein für eine solidarische Gesellschaft, die frei von Unterdrückung ist und in der alle Menschen, egal welchen Geschlechts, gleichberechtigt miteinander leben können und für eine Welt kämpfen, in der Gewalt gegen Frauen der Vergangenheit angehört!

Alleine für sich ist es unmöglich, das zu erreichen. Die Befreiung aus diesen Verhältnissen müssen wir in unsere Hände nehmen. Gerade in Zeiten wie diesen ist es notwendig, uns zusammen zu schließen und gemeinsam mit unseren Nachbarinnen, unseren Kolleginnen und unseren Freundinnen zu kämpfen. Es muss Räume geben, in denen wir Frauen für uns alleine arbeiten, uns und unser Umfeld für die Thematik sensibilisieren, uns bilden, empowern und letztlich organisieren können, um unsere Interessen auf die Straßen zu tragen und so Emanzipation und Fortschritt zu erreichen. Durch gleiche Erfahrungen und ähnliche Lebensrealitäten verstehen wir uns besser, gemeinsam und in Solidarität miteinander können wir uns unterstützen und bestärken und den Kampf um echte Gleichstellung und gegen Gewalt an Frauen in unserem Alltag führen.

Aus kleinen Anfängen kann so Großes entstehen. Nur durch die Stimmen vieler werden unsere Forderungen hör – und sichtbar!

Für die Befreiung der Frau!

Zusammen kämpfen gegen Patriarchat und Kapitalismus!

* Wir setzen das Wort Frau/Frauen für Personen, die sich als Frau definieren und/oder von der Gesellschaft als Frau gelesen werden und somit ähnliche Erfahrungen machen wie Frauen.

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