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Frauenkampf

Gemeinsam lernen, streiken und kämpfen
Für ein solidarisches Miteinander – Frauen wehrt und organisiert euch!
feministisch – antipatriarchal – antikapitalistisch

Der 8. März, der Frauenkampftag, steht wie kein anderer Tag für den Kampf der Frauen* gegen die alltägliche patriarchale Unterdrückung und kapitalistische Ausbeutung. Wir Frauen aus aller Welt gehen an diesem Tag auf die Straße, um unserer zentralen Forderung nach einem Ende der geschlechtsspezifischen Ausbeutung und Unterdrückung von Frauen entschlossenen Ausdruck zu verleihen. Denn auch in einer vermeintlich zivilisierten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts gibt es aus unserer Sicht noch viel zu tun. Es wurde zwar in den letzten hundert Jahren viel erkämpft, aber dass dies so geschah ist keine Selbstverständlichkeit. Viele alte und neue Forderungen, die wir als Frauen an diese Gesellschaft haben sind auch heute noch nicht erreicht, vielmehr scheinen sich die Angriffe auf schon etablierte Rechte von Frauen zu häufen. Wir müssen diese Freiheiten und Rechte immer und immer wieder erkämpfen, verteidigen und behaupten, am 8. März, wie an jedem anderen Tag auch.

Es reicht! Die Zustände um uns herum erkennen – das System dahinter benennen – die Ausbeutung und Unterdrückung bekämpfen!

Gerade die Coronapandemie macht die konkreten Verhältnisse, in denen geschlechtsspezifische Ausbeutung entsteht, deutlicher sichtbar. Es wird offengelegt, dass einen Großteil der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie meist Frauen deutlich stärker betreffen und auf deren Rücken ausgetragen wurden und werden. Es fühlt sich zur Zeit eher so an, dass das Rad der Geschichte der Emanzipation von Frauen innerhalb von Monaten zurückgedreht wurde. Überspitzt gesagt bedeutet es für viele von uns Frauen: Kaum sind die Kitas, Schulen und andere Betreuungseinrichtungen für Kinder geschlossen, heißt es wieder ab in den Haushalt – kochen, putzen, Kinderbetreuung, dem von der Arbeit gestressten Mann, als liebevolle Hausfrau, Mutter und Sexualpartnerin zu Diensten zu sein. Die Zurückdrängung in die Rolle der Hüterin der Familie wird vermehrt deutlich und wir würden anzweifeln, dass wir uns jemals individuell daraus befreien konnten.

Die Begründung dieser Entwicklung ist vielschichtig und es wäre zu einfach, es auf einzelne bewusste Handlungen von Männern zu reduzieren. Es sind eben nicht nur frauenhassende Männer mit rückständigen Weltbildern und Ideologien, die dafür verantwortlich gemacht werden können, sondern es sind vielmehr sich schon lange in die Gesellschaft eingeschliffene Herrschaftssysteme.

Dies äußert sich in festgefahrenen Strukturen, die uns immer wieder in geschlechtsspezifische Unterdrückungs- und Ausbeutungsverhältnisse pressen. Es ist das Patriarchat – die Herrschaft des heteronormativen Manns über die Frau. Die sogenannte „Herrschaft der (alten weißen) Männer“, die uns bevormunden und uns gesellschaftliche Rollen zuweisen, wie oben beschrieben. Zusätzlich und erschwerend hinzu kommt, dass die kapitalistische Produktionsweise diese gesellschaftlichen Strukturen gut zu nutzen weiß. So ist es z.B. effizient, wenn die Verrichtung der Haus- und Sorgearbeit ohne Bezahlung von Frauen erledigt wird. Dies hält dem arbeitenden Mann den Rücken frei, lässt ihn länger und effizienter arbeiten und steigert damit die Mehrwertproduktion. Außerdem befreit ihn dies gleichzeitig von der Notwendigkeit, sich um diese Art der Arbeit zu kümmern. Althergebrachte, klassische oder auch traditionelle Rollenbilder waren vor Corona schon Alltag und wurden und werden durch die staatliche Familienpolitik noch verfestigt. So erledigen im Privatleben Frauen noch immer 80% der Arbeiten um Kindererziehung, Pflege von Angehörigen und die Sorge um den anfallenden Haushalt. Dabei ist es meist egal, ob beide Partner*innen einer Lohnarbeit nachgehen, oder nicht. Die Sorgearbeit bleibt in den meisten Familien- und Partnerschaftskonstellationen an uns Frauen hängen und es wird erwartet, dass wir diese ohne jegliche Bezahlung neben bzw. auf Kosten aller anderen eigenen Bedürfnissen und Interessen erledigen. Der Mann ist in den meisten Fällen der Haupternährer oder wird als dieser angesehen, was zumeist mit der deutlich schlechteren Bezahlung von Frauen zusammenhängt. Bei gleicher Arbeit und gleicher Stelle verdienen Frauen immer noch im Schnitt 19 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen.Weiter hängt es damit zusammen, dass wir wegen der zusätzlichen Arbeitsbelastung durch die Sorgearbeit gezwungen sind, oftmals in prekären Arbeitsverhältnissen oder in Teilzeit zu arbeiten, aus denen es schwer ist wieder auszubrechen. Daraus resultiert, dass auch heute noch viele Frauen finanziell von Männern abhängig sind. Ein eigenes selbstbestimmtes Leben ist somit kaum möglich.

Unsere Situation wird aber nicht nur durch die beschriebenen Produktionsverhältnisse festgelegt, sondern auch darüber, dass unsere gesellschaftliche Rolle durch männliche Gewalt bestimmt und durchgesetzt wird. Diese geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen wird in der breiten Gesellschaft als scheinbar naturgegeben hingenommen und unabhängig von ihrer sozialen Schicht oder ihrem Alter sind alle Frauen davon betroffen. Sie kann von körperlichen über sexuellen bis hin zu psychischen oder emotionalen Übergriffen reichen und bis zum Femizid führen.

Wichtig ist, dass diese gesellschaftlichen Verhältnisse nicht gottgegeben sind oder einfach schon immer so waren. Sie sind die Folge gesellschaftlicher Entwicklung und das heißt, sie sind von Menschen erschaffen und daher auch durch den Menschen veränderbar. Das Patriarchat und der Kapitalismus sind ein symbiotisches oder abhängiges Verhältnis eingegangen und können wie ein Knoten beschrieben werden. Ein Knoten von Herrschaft mit vielen herausragenden Enden. Wenn wir nur an einem Faden ziehen, zieht sich dieser bloß enger. Wir müssen diesen Knoten entwirren und teilweise zerschlagen, um unser Ziel von einem selbstbestimmten Leben zu erreichen.

Wir sind selbst gefangen in dieser Verflechtung an Unterdrückung, da sich dieses Verhältnis ständig neu konstituiert und unhinterfragt reproduziert wird. Wir müssen beginnen, die Systematik und die gesellschaftlichen Verhältnisse zu hinterfragen, aber auch unsere Gewohnheiten, Wünsche, Bedürfnisse, Sorgen und Ängste.Wir selbst sollten uns nicht zufrieden geben, mit den uns zugeschriebenen Rollen, die das Patriarchat für uns vorgesehen hat, wie z.B. die der liebenden Hausfrau und Mutter, die sich vollumfänglich um alles und alle kümmert, sich und ihre Bedürfnisse aus den Augen verliert und dabei noch sexuell ständig verfügbar zu sein hat.

Dies heißt für uns, dass wir auf mehreren Ebenen kämpfen müssen und einen langen Atem brauchen.

Frauen wehrt und organisiert euch

Die Befreiung aus diesen Verhältnissen müssen wir also in unsere Hände nehmen, denn dies wird niemand sonst für uns tun. Gerade in Zeiten wie diesen ist es notwendig, uns zusammen zu schließen und gemeinsam mit unseren Nachbarinnen, unseren Kolleginnen und unseren Freundinnen zu diskutieren, zu streiten und zu kämpfen. Es muss Räume geben, in denen wir Frauen für uns alleine arbeiten und uns und unser Umfeld für die alltägliche Gewalt, sexistische Verhaltensweisen, die Diskriminierung von Frauen im Arbeitsleben und die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung sensibilisieren. Räume, in denen wir uns gegenseitig empowern und letztlich organisieren können, um unsere Interessen auf die Straßen zu tragen und so Emanzipation und Fortschritt zu erreichen. Dabei ist es auch wichtig, uns um uns selber zu kümmern, Selbstfürsorge zu betreiben und uns zu bilden. Durch ähnliche Erfahrungen, die wir als Frauen im Alltag machen, können wir besser verstehen, wie es uns geht, gemeinsam und in Solidarität miteinander können wir uns unterstützen und bestärken und den Kampf um echte Gleichstellung und gegen die Unterdrückung von Frauen in unserem Alltag führen.

Hier ist es wichtig, konkret anzusetzen. Sei es durch Frauengruppen – wie hier in Stuttgart-Ost das Frauenkollektiv Stuttgart – die sich treffen und diskutieren oder einfach mal nur unter Frauen eine gute Zeit miteinander haben. Oder durch kreative Aktionen im Stadtteil, über die auf die herrschenden patriarchalen und kapitalistischen Strukturen aufmerksam gemacht wird. Weiter ist es wichtig, sich unter Frauen solidarisch zur Seite zu stehen und ein solidarisches Miteinander zu verwirklichen. Gemeinsam können wir einen Schritt hin zur Veränderung der Verhältnisse schaffen und die Perspektive einer solidarischen Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung mit Leben füllen. Deshalb lasst uns am 8. März, aber auch an jedem anderen Tag, unseren Unmut über die Verhältnisse zusammen ausdrücken und über den Frauenstreik, Demonstrationen, Frauenorganisierung und Frauensolidarität diesen auf die Straße und in die Gesellschaft tragen.

Die Erfahrung in den letzten Jahren in vielen Ländern zeigt, wie verschiedene Formen des Frauenprotests, z.B. in Form von Frauenstreiks, eine breite Öffentlichkeit erreichten und die Forderungen der Frauen international verbreiteten. Lasst uns diese Beispiele uns zu Herzen nehmen und am 8. März unseren eigenen Frauenstreik organisieren. Lasst uns gemeinsam lernen, Forderungen zu entwickeln, lasst uns nein sagen zu:

– der herrschenden alltäglichen Gewalt gegen Frauen

– der nach wie vor ungleich verteilten Aufteilung der unbezahlten pflegerischen, erzieherischen Tätigkeiten in den eigenen vier Wänden

– der herrschenden Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern

– der uns noch immer nicht zugestandenen Selbstbestimmung über unseren Körper, was sich in den sogenannten Abtreibungsparagraphen §218/219, die im Strafgesetzbuch geregelt sind, manifestiert.

Lasst uns gemeinsam beginnen, den Kampf um die Befreiung der Frau weiterzuführen, lasst uns feministisch streiten/streiken und dem Knoten aus Patriarchat und Kapitalismus den Kampf ansagen, am 8. März und an jedem weiteren Tag.

Gemeinsam lernen, streiken und kämpfen

„Für ein solidarisches Miteinander – Frauen wehrt und organisiert euch!“

feministisch – antipatriarchal – antikapitalisisch

*Wir setzen das Wort Frau / Frauen für Personen, die sich als Frau definieren und / oder von der Gesellschaft als Frau gelesen werden und somit ähnliche Erfahrungen machen wie Frauen.

#DeinFrauenstreikStuttgart

Seit einigen Jahren gibt es auch in Deutschland die Bestrebung, den Frauenstreik als Protestmittel zu etablieren. So wird auch dieses Jahr bundesweit zu einem Frauenstreik mobilisiert. Er birgt die Möglichkeit zu erfahren, welche gesellschaftliche Macht in den Händen von Frauen liegt. Durch Arbeitsverweigerung, sowohl zu Hause als auch bei der Lohnarbeit, können wir Frauen gemeinsam die Räder still stehen lassen. Daher rufen wir alle Frauen dazu auf, „euren/deinen Streik“ auch unter den momentanen Corona-Bedingungen zu begehen und auf ganz eigene Art und Weise im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten zu streiken, so dass aus vielen einzelnen Aktionen ein großer gemeinsamer kollektiver (Streik)Moment wird. Zeigt uns unter #DeinFrauenstreikStuttgart warum und wie ihr streiken wollt und motiviert Frauen in eurem Umfeld, sich daran zu beteiligen.

Die Frage „Was ist dein Streik?“ kann jede Frau für sich beantworten und im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit Aktivitäten füllen. Schreibt Plakate mit euren Forderungen, verbringt eure Mittagspause streikend oder lasst die häusliche Arbeit liegen, organisiert ein Online-Frauenfrühstück mit euren Freundinnen oder Nachbarinnen, nehmt euch Zeit für eure Selbstfürsorge, schreibt eure Forderungen mit Kreide auf die Straße oder tragt ein lila Kleidungsstück als Zeichen der Frauensolidarität. Es gibt viele Ideen, der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt… Postet unter dem Hashtag #DeinFrauenstreikStuttgart auf Facebook und Instagram eure Aktivitäten, damit unser Protest auch online sichtbar ist.

Auch Männer können sich beteiligen: Zeig uns warum oder wie du den Streik der Frauen unterstützen willst.

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