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Rezension: Die Linke auf den Philippinen – Eine Einführung

Von: Marina Wetzlmaier
Erschienen im Mandelbaum Verlag

Meine erste Begegnung mit der philippinischen Linken war Mitte der 2000er. Ein türkischer Arbeiterverein organisierte eine Veranstaltung mit José María Sison, der per Online-Videokonferenz aus seinem niederländischen Exil zugeschaltet war. Er sprach von der philippinischen revolutionären Bewegung und über sein damaliges Verfahren, endlich von der sog. Antiterrorliste gestrichen zu werden. Relativ ahnungslos über die Hintergründe seines Verfahrens und noch viel ahnungsloser über die Hintergründe der philippinischen Linken, fühlte ich mich in der Veranstaltung dann doch recht verloren. Im Rückblick hätte ich mir gewünscht, das Buch von Marina Wetzlmaier hätte es schon damals gegeben, denn hier wird ausführlich und gut nachvollziehbar die Entstehung und die Entwicklung der philippinischen Linken nachgezeichnet.

Von den Ursprüngen der Linken in den 1930er und 1950er über die Hochzeit der revolutionären kommunistischen Bewegung in den 1970er und 1980er, inklusive des bewaffneten Kampf gegen die Marcos Diktatur bis hin zur heutigen Bewegung gibt Wetzlmaier Aufschluss über die verschiedenen entstehenden Organisationen, aber auch über die sozialen und politischen Hintergründe des Widerstandes im weitgehend ländlich geprägten Land.

Lange Zeit war die Kommunistische Partei der Philippinen (CPP) mit ihren zahlreichen Strukturen und ihrem bewaffneten Arm ein Synonym für die linke Polit-Landschaft des südostasiatischen Staates. Alleine die Querverbindungen der verschiedenen Strukturen in dem weitgefächerten Netzwerk der CPP ließ diese Landschaft jedoch schnell unübersichtlich werden. Die zahlreichen Spaltungen und verschiedenen Strömungen machen den Überblick dabei nicht einfacher. Umso wichtiger, dass das Buch wie ein Kompass durch diesen komplexen Stammbaum der philippinischen Linken zielsicher leitet und dabei konsequent die politischen und ideologischen Unterschiede aufzeigt.

Besonders interessant ist in der Geschichte der philippinischen Linken dabei die Tendenz, dass der bewaffnete Kampf zunehmend unwichtiger wird und dem damit einhergehenden Bedeutungszuwachs der heterogenen, eher bewegungsorientierten Strukturen. Spannend – aber aus verständlichen Gründen nicht im Buch angeführt – sind dabei sicherlich die Parallelen, die diesbezüglich zu anderen Ländern gezogen werden könnten.

Auch die aktuelle Situation der Linken wird im Buch beleuchtet und zeigt die zunehmende Heterogenität der Bewegung auf. Da das Buch Ende 2020 erschienen ist, gibt es auch immer wieder aktuelle Bezüge zu Corona und den Umgang der Linken damit.

Wie oben schon erwähnt, hätte mir das Buch erlaubt, die Aussagen von Sison, der nach wie vor als wichtigster Einfluss der jungen philippinischen Linken gilt, besser in einen Kontext zu setzen: Somit kann ich das Buch voll und ganz empfehlen, denn es gibt sehr gut Aufschluss über die Situation der Linken der Philippinen und rückt auch die ein oder andere vorherrschende Romantisierung der philippinischen kommunistischen Bewegung ins rechte Licht.

12.00 € | 182 Seiten
ISBN: 978385476-697-1
Erschienen: November 2020

https://www.mandelbaum.at/buecher/marina-wetzlmaier/die-linke-auf-den-philippinen/

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