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Frauenkampf

Aktionen zum Frauenkampftag und zum Frauen*streik am 8. März 2021

Der Internationale Frauenkampftag 2021 begann diese Jahr für uns schon früh. Ab 11 Uhr waren wir mit einem Frauen*streik-Pavillon am Stuttgarter Ostendplatz präsent. Im Laufe des Tages kamen viele Frauen vorbei und nutzten die Möglichkeit sich mit Informationsmaterial zu versorgen, sich kurz eine Auszeit zu nehmen, einen Kaffee zu trinken und ins Gespräch zu kommen. Auf einer Stellwand haben wir Gründe und Forderungen an den Frauen*streik gesammelt. Hier einige Beispiele aus der Sammlung:

-…sexuelle Belästigung kein Alltag sein darf

– Care-Arbeit & mental load muss fair verteilt werden!

– Pay me like a white man!

-… mein Körper mir gehört!

– Ich mich nicht vom Patriarchat verarschen lasse!

-…weil Frauen* von Krisen stärker betroffen sind und strukturell unterdrückt werden, anstatt gefördert

– Intersektionalität, Frau, PoC… sichtbar machen

Die Forderungen und Gründe sind ganz unterschiedlich und zeigen uns allen, dass wir noch für viele Verbesserungen zu kämpfen haben.

Auch beim Stuhlstreik ab 14.30 Uhr waren die Forderungen der Frauen sehr breit gefächert und wir freuten uns über die große Beteiligung auch aus anderen Städten. Mit über 30 Frauen setzten wir uns in den Streik und machten deutlich, dass die Straße und der öffentliche Raum für diesen Moment uns gehört. Ein Teil der Anwesenden zog danach weiter in die Innenstadt, um den Stuhlstreik noch einmal auf dem Schlossplatz zu wiederholen. Auch hier schlossen sich wieder einige Frauen dem Streik an und machten lautstark auf die Unterdrückung und Benachteiligung der Frau im Patriarchat und dem kapitalistischen System aufmerksam.

Ab 16.00 Uhr begann auf dem Karlsplatz die Kundgebung des Frauenbündnis Stuttgart unter dem Motto „Frauen wehrt euch! Gerade in diesen Zeiten gegen Feminizid, Frauenunterdrückung, patriarchale Strukturen und Kapitalismus!“. Gleich zu Beginn hob die Musikerin Moni Ramoni mit ihrem Saxophon bei den fast 500 Anwesenden die Stimmung und gab auch zwischen den Redebeiträgen immer wieder eine Kostprobe ihres Könnens. In den folgenden Redebeiträgen der Bündnisgruppen des Frauenbündnis Stuttgart wurden viele verschiedene Aspekte des Frauenkampfs angesprochen, so z.B. die Organisierung unter Frauen, das Verhältnis von Patriarchat und Kapitalismus, die (Un)sichtbarkeit von Frauen im öffentlichen Raum, den Frauen*streik, die Auswirkungen der Corona-Pandemie gerade auf Frauen, der Kampf der Frauen in verschiedenen Teilen der Welt…

Danach zogen wir durch die Innenstadt und brachten unsere Wut und unsere Ablehnung der Verhältnisse zum Ausdruck. Gerade der große und lautstarke Frauenblock, der die Demonstration anführte, machte dies noch einmal deutlich. Mit dem Ziel diese Kraft in den Alltag mitzunehmen und auch an den anderen Tagen im Jahr feministisch aktiv zu sein endete die Demonstration am Rotebühlplatz.

Nach diesem gelungenen Tag freuen wir uns nun noch auf den Workshop mit Koschka Linkerhand zum Thema „Das feministische Wir“ am Samstag, den 13. März 2021. Dieser findet online statt. Anmeldungen per Mail an zk-stuttgart@riseup.net

Frauenkollektiv Stuttgart und Zusammen Kämpfen


Im Folgenden dokumentieren wir noch die Redebeiträge auf der Kundgebung am Karlsplatz.

Hier die Rede vom Frauenkollektiv Stuttgart:

Liebe Genoss*innen,

Frauen und Mädchen wird früh beigebracht, dass sie nachts nicht alleine durch den Park laufen und sich züchtig kleiden sollen, um nicht zu Opfern männlicher Übergriffe zu werden. Damit wird zumindest implizit behauptet, Frauen und Mädchen seien zum Teil auch selbst schuld an diesen Übergriffen. Nicht das männliche Verhalten wird kritisiert, sondern die Frauen, die dieses Verhalten angeblich provozieren würden.

Damit wird Frauen vermittelt, sie befänden sich in einem permanenten Zustand der Bedrohung, dem sie nur durch eigene Anpassung entkommen könnten. Frauen werden zu reagierenden Objekten degradiert, die sich der patriarchalen Gewalt nur entziehen können, wenn sie sich quasi unsichtbar machen. Dabei wird diese patriarchale Gewalt als etwas naturgegebenes dargestellt, weil Männer und Frauen angeblich einfach so sind, wie sie sind. Doch das ist eine Erzählung und Ideologie. Das Patriarchat und der mit ihm verwobene Kapitalismus sind trotz ihrer schieren Undurchdringlichkeit von Menschen gemachte Systeme. Deswegen können sie auch von Menschen verändert und abgeschafft werden.

Mädchen und Frauen machen 50 % der Weltbevölkerung aus, ohne sie wäre eine Gesellschaft überhaupt nicht möglich. Trotzdem werden Frauen sowohl hierzulande als auch global immer noch in hohem Maße unterdrückt und ausgebeutet. Und das nur, weil sie als Frauen angeblich von Natur aus schwach und unterwürfig sind und darum die Führung der angeblich von Natur aus dominanten und starken Männer bedürfen. Dieser Zustand ist so weit verbreitet und bereits so alt, dass er Teil des kollektiven weiblichen Gedächtnisses wurde. Doch wir wollen das nicht hinnehmen. Die Probleme der Männerherrschaft benennen und analysieren, um Frauen so zu handelnden Subjekten zu machen. Darum wollen wir hinsehen statt wegsehen, wenn Frauen von Männern unterdrückt, misshandelt oder ermordet werden. Dem kollektiven Wegsehen der Gesellschaft stellen wir unser eigenes Hinsehen entgegen und aus der passiven Wut wollen wir aktives Handeln und Kämpfen werden lassen.

Wir müssen uns zusammenschließen und dagegen wehren, dass wir in der Öffentlichkeit klein gehalten werden. Wir wollen Räume schaffen, in denen es keine Geschlechterhierarchien gibt und Frauen sich trauen, ja sogar gefordert werden, zu sprechen. Wir wollen ein sicheres Umfeld erleben, in dem Frauen sich ermutigt fühlen ihre Komfortzone zu verlassen. Wir wollen gemeinsam Aktionen, Kneipen und Veranstaltungen organisieren, bei denen wir nur unter Frauen sind. Wir müssen uns mit anderen Frauen solidarisieren und auf unterschiedlichste Art und Weise laut und deutlich werden. Um uns Räume auch in der Öffentlichkeit zurückzuerobern, ist es wichtig sichtbar zu sein.

Unser Ziel ist es damit zum Ausdruck zu bringen, dass wir die patriarchalen Strukturen der Gesellschaft nicht akzeptieren. Wir werden immer mit dem Finger auf die eigentlichen Probleme zeigen. Nicht die Frauen müssen sich ändern, vorsichtiger oder besser im Kampfsport werden, um unversehrt durchs Leben zu kommen. Die Gesellschaft und das System müssen sich ändern.

Wir nehmen uns den öffentlichen Raum, um unsere Forderungen sichtbar zu machen und als Frauen präsent zu sein. Wir wollen uns die Straße nehmen, unsere Wut in die Öffentlichkeit tragen, laut sein und gehört werden.

Denn Frauen, die kämpfen sind Frauen die Leben. (Lasst uns das System aus den Angeln heben.)

Und hier die Rede von Zusammen Kämpfen Stuttgart:

Liebe Genoss*innen und Freund*innen,

Wir Frauen stehen heute hier in Stuttgart gemeinsam auf der Straße, um unserer zentralen Forderung nach einem Ende der geschlechtsspezifischen Ausbeutung und Unterdrückung von Frauen entschlossenen Ausdruck zu verleihen.

Die Erfahrung in den letzten Jahren in vielen Ländern zeigt, wie verschiedene Formen des Frauenprotests, z.B. in Form von Frauenstreiks, eine breite Öffentlichkeit erreichten und die Forderungen der Frauen international verbreiteten. Der Frauenstreik birgt für uns die Möglichkeit zu erfahren, welche Macht in den Händen von Frauen liegt. Durch Arbeitsverweigerung, sowohl zu Hause als auch bei der Lohnarbeit, können wir Frauen gemeinsam die Räder still stehen lassen.

Lasst uns streiken gegen:

– die herrschende alltägliche Gewalt gegen Frauen

– die nach wie vor ungleich verteilte Aufteilung der unbezahlten Arbeit in den eigenen vier Wänden

– die herrschende Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern

– die uns noch immer nicht zugestandene Selbstbestimmung über unseren Körper.

– Diese Aufzählung könnte noch deutlich verlängert werden.

Die Befreiung aus den patriarchalen und kapitalistischen Verhältnissen müssen wir in unsere Hände nehmen, denn dies wird niemand sonst für uns tun. Die Maßnahmen der Pandemie legen momentan deutlich offen, dass Frauen den Großteil des Haushalts mit Kochen, Putzen und Kinderbetreuung schmeißen und überspitzt gesagt, dem von der Arbeit gestressten Mann als liebevolle Hausfrau, Mutter und Sexualpartnerin zu Diensten sind. Gerade in Zeiten wie diesen ist es deshalb notwendig, uns zusammen zu schließen und gemeinsam mit unseren Nachbarinnen, unseren Kolleginnen und unseren Freundinnen zu diskutieren, zu streiten und zu kämpfen. Es muss Räume geben, in denen wir Frauen für uns alleine arbeiten und uns und unser Umfeld für die alltägliche Gewalt, sexistische Verhaltensweisen, die Diskriminierung von Frauen im Arbeitsleben und die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung sensibilisieren. Räume, in denen wir uns gegenseitig empowern und organisieren können. Dabei ist es auch wichtig, uns um uns selber zu kümmern, Selbstfürsorge zu betreiben und uns zu bilden. Durch ähnliche Erfahrungen, die wir als Frauen im Alltag machen, können wir besser verstehen, wie es uns geht, gemeinsam und in Solidarität miteinander können wir uns unterstützen und bestärken und den Kampf um echte Gleichstellung und gegen die Unterdrückung von Frauen in unserem Alltag führen.

Hier ist es wichtig, konkret anzusetzen. Sei es durch Frauengruppen die sich treffen und diskutieren oder einfach mal nur unter Frauen eine gute Zeit miteinander haben. Oder durch kreative Aktionen im Stadtteil, über die auf die herrschenden patriarchalen und kapitalistischen Strukturen aufmerksam gemacht wird. Weiter ist es wichtig, sich unter Frauen solidarisch zur Seite zu stehen und ein solidarisches Miteinander voran zu treiben. Gemeinsam können wir einen Schritt hin zur Veränderung der Verhältnisse schaffen und die Perspektive einer solidarischen Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung mit Leben füllen.

Deshalb lasst uns heute, aber auch an jedem anderen Tag:

Gemeinsam lernen, streiken und kämpfen

„Für ein solidarisches Miteinander – Frauen wehrt und organisiert euch!“

feministisch – antipatriarchal – antikapitalistisch

Ausgewählte Texte