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Frauenkampf

Gewalt gegen Frauen im Keim ersticken!

Feministisch – antipatriarchal – antikapitalistisch

Wir sind wütend. Wir haben es unglaublich satt über Vorfälle zu lesen, bei denen Frauen* patriarchale, sexistische und sexualisierte Gewalt erlebten. Vor wenigen Wochen wurde gegen 21.45 Uhr eine Frau auf der Königstraße vergewaltigt. Einige Tage danach wurde von einer Vergewaltigung in einem Club in der Stuttgarter Innenstadt berichtet. In der Ostendstraße gab es nachmittags einen rassistischen und sexualisierten Übergriff auf eine muslimische Frau, der von drei Männern ausging. Dies alles sind Orte, die belebt sind, an denen sich viele Menschen aufhalten – die Königstraße ist hell beleuchtet. Dies verdeutlicht, dass es eben nicht nur die dunklen unbelebten Straßen oder die versteckten Hinterhöfe sind, in denen eine Gefahr für Frauen lauert. Gewalt gegen Frauen ist allgegenwärtig. Gewalt gegen Frauen passiert unabhängig von Uhrzeit und Ort. Ob im öffentlichen Raum, in Parkanlagen, öffentlichen Verkehrsmitteln, in Bars und Clubs sowie zu Hause – an all diesen Orten erfahren Frauen tagtäglich Gewalt.

Feminismus en vogue

Die Thematik der unsicheren Orte und Angsträume für Frauen wird zunehmend in der breiten Gesellschaft und bürgerlichen Presse diskutiert. In Stuttgart wurde in diesem Jahr einige Male über gendergerechte Stadtplanung berichtet, die für mehr Sicherheit für Frauen im öffentlichen Raum sorgen soll. Um mit einem besseren Gefühl nachts nach Hause zu kommen, wurde eine App entwickelt, mit deren Hilfe sich Frauen für den Nachhauseweg vernetzen und zusammenschließen können. Um sich im Nachtleben vor Übergriffen schützen zu können, gibt es in manchen Bars Codewörter, mit denen sich Frauen an der Theke Hilfe holen können. Fast schon absurd sind Unterhosen, die vor einer Vergewaltigung schützen sollen, indem sie ein lautes Alarmsignal auslösen. Das alles sind Hilfsmittel, die Frauen unterstützen können bzw. sollen, mit drohenden Gefahren besser umzugehen.

Es ist wichtig, dass Gewalt gegen Frauen generell öffentlich thematisiert wird und auch signalisiert wird: So kann es nicht weitergehen.

Aber sieht für uns Frauen so die Lösung aus? Wollen wir auf diese Weise leben? Besser gefragt – bedeutet ein Leben mit all den schützenden, käuflichen Hilfsmitteln ein befreites Leben für Frauen? Wir denken nicht!

Wir wollen uns keine Codewörter merken müssen und bestimmt keine speziellen Unterhosen mit Alarm tragen und wir wollen auch nicht jedes Wochenende unseren Weg nach Hause ausführlich planen müssen. Wir akzeptieren es nicht, diesen Zustand als Normalität hinzunehmen. All diese käuflichen Ideen und Produkte geben uns Frauen das Gefühl, dass es nur an uns allein liegt ob uns unterwegs etwas zustößt oder nicht. Überspitzt gesagt, wenn wir uns mit all diesen Hilfsmitteln versorgen oder um eine geeignete Begleitung (am besten ein Mann) kümmern, um gut nach Hause zu kommen, dann ist für ausreichend Schutz gesorgt. Auf diese Weise wird die komplette Verantwortung und Schuldfrage bei uns Frauen belassen.

Sich abends mit anderen Frauen über das Smartphone zu vernetzen, um so sicher nach Hause zu kommen, kann hilfreich sein. Doch eine endgültige Lösung ist das nicht. Es kann nicht sein, dass es allein in der Verantwortung der Frauen liegt sich zu schützen, um nicht betroffen von sexualisierter Gewalt zu sein. Nicht vereinzelte, sogenannte „triebgesteuerte“ Männer sind Schuld an tagtäglichen Übergriffen an Frauen – Gewalt gegen Frauen hat System. Der Status Quo dieser alltäglichen Gewalt muss hinterfragt und durchbrochen werden.

Gewalt gegen Frauen hat System – wir wollen es aufdecken und zerschlagen!

Um Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen und die Systematik anzugreifen ist es wichtig zu sehen, dass diese Verhältnisse Folge gesellschaftlicher Entwicklungen sind. Die Ursachen für diese Missstände und Unterdrückung sind tief in der patriarchalen und kapitalistischen Systematik verankert.

Sie sind von Menschen erschaffen und daher auch durch den Menschen veränderbar. Die scheinbare Naturgegebenheit von patriarchalen frauenunterdrückenden Gesetzen, Institutionen, Verhaltensweisen, Rollenbildern und Alltäglichkeiten muss hinterfragt und durchbrochen werden. Wir wollen an die Wurzel des Problems, uns darüber austauschen, diskutieren und diese herausreißen, zerschlagen und so die Quelle der patriarchalen Gewalt im Keim ersticken.

Garantiert wird dies nicht geschehen, indem wir Unterhosen mit Alarmsignal tragen.

Wir finden es wichtig, uns unter Frauen zu vernetzen und zusammen zu schließen. Es ist wichtig, dass wir unsere Gemeinsamkeiten sowie unsere alltäglichen Diskriminierungen, die wir auf ähnliche Art und Weise erleben, benennen. Eine Veränderung der Situation für Frauen und unserer Gesellschaft muss von uns angetrieben werden, denn es gibt auch Profiteure unserer Unterdrückung. Diese wollen den momentanen Zustand erhalten – deswegen müssen wir uns selbst befreien. Hier ist es wichtig konkret anzusetzen, sich zusammenzuschließen und gemeinsam mit unseren Nachbarinnen, Kolleginnen und Freundinnen zu kämpfen. Es muss Räume geben, in denen wir unter Frauen alleine arbeiten, uns und unser Umfeld für die alltägliche Gewalt, sexistische Verhaltensweisen, Diskriminierung von Frauen und die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung sensibilisieren. Räume, in denen wir uns gegenseitig empowern und letztlich organisieren können. Wir wollen unsere Interessen auf die Straße tragen, der herrschenden Gewalt gegen Frauen den Kampf ansagen und für Emanzipation und Fortschritt streiten.

Für die Befreiung der Frau! Zusammen Kämpfen gegen Patriarchat und Kapitalismus!

* Wir setzen das Wort für Frauen und Personen, die weiblich gelesen oder von der Gesellschaft zugeordnet werden und somit von patriarchaler Gewalt betroffen sind.

 

Veranstaltungen und Aktionen:

 

Tag gegen Gewalt an Frauen – Wir erkämpfen uns die Stadt zurück!

Kundgebung und Aktionspavillon zum Tag gegen Gewalt an Frauen mit Redebeiträgen, Infotischen und Mitmachaktionen. Organisiert mit dem Frauenkollektiv Stuttgart.

Sonntag, 28.11.21, 15.00 Uhr Eugensplatz Stuttgart Ost

Diese Aktion ist nur für Frauen und als weiblich gelesene oder zugeordnete Personen, die somit von patriarchaler Gewalt betroffen sind.

 

Veranstaltung zu Sexismus und sexualisierter Gewalt mit Anna Schiff

Anna Schiff ist Geschlechterforscherin und hat ein Einführungsbuch über Sexismus geschrieben. Sie wird an dem Abend vermitteln, was Sexismus eigentlich ist, welche Funktionen er übernimmt und wo er sich zeigt. Sie wird vermitteln, was Sexismus mit sexualisierter Gewalt zu tun hat und wir werden darüber diskutieren, was man dagegen tun kann.

Donnerstag, 16.12.21, 19.00 Uhr, im Stadtteilzentrum Gasparitsch, Rotenbergstraße 125, 70190 Stuttgart

Diese Veranstaltung offen für alle Geschlechter. Eintritt frei.

Ausgewählte Texte