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Frauenkampf

Flashmob zur drohenden Illegaisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in den USA

Am 1. Juni haben wir als Teil des Pro Choice Bündnis Stuttgart einen Flashmob und Global Scream auf dem Schlossplatz in Stuttgart mitorganisiert. Im Folgenden wollen wir die dazugehörige Rede zur Illegalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und dessen Folgen dokumentieren:

Wir sind heute hier um über die Situation in den USA zu sprechen, da dort die Illegalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in mindestens 26 Bundesstaaten droht. Eigentlich sollte es mittlerweile allen klar sein: Es ist nicht möglich, Schwangerschaftsabbrüche durch Verbote zu verhindern – das einzige, was Verbote verhindern, sind sichere Abbrüche. Ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen bedeutet Gewalt, bedeutet Kontrolle, bedeutet Leid und im schlimmsten Fall den Tod von ungewollt Schwangeren. Das zeigt die Menschheitsgeschichte genauso wie aktuelle Fälle aus der ganzen Welt, so z.B. in Polen.

Wir wollen deshalb heute auf die Situation aufmerksam machen und unsere Stimmen zusammen gegen die Diskriminierung von ungewollt Schwangeren und das Leid das die rechtliche Situation hervorbringt erheben. Deshalb lasst uns jetzt zusammen laut sein und unseren Frust über die Situation vieler Frauen und ungewollt Schwangerer hinausschreien!

Ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen verhindert diese nicht, sondern fördert die Durchführung von unsicheren und gesundheitsgefährdenden Eingriffen. Damit trägt eine Illegalisierung auch direkt zum Tod von ungewollt Schwangeren bei. Dennoch plant der Oberste Gerichtshof – der Supreme Court – in den USA wohl das Recht auf Abtreibung zu kippen. Darauf weist ein geleaktes Schreiben von Supreme Court-Richter Samuel Alito hin. Dies ist zwar erst ein Entwurf, weist aber in die Richtung in die gearbeitet wird. Es ist geplant das Grundsatzurteil Roe gegen Wade zu kippen. Diese Urteil aus den 70ern legt das verfassungsmäßige Fundament für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch in den USA. Die geplante Aufhebung dieses Grundsatzurteils würde bedeuten, dass die Macht der Gesetzesgebung diesbezüglich künftig allein den US-Staaten obläge. Zwar konnten US-Staaten auch bisher restriktivere „Abtreibungsgesetze“ verabschieden und dies ist in verschiedenen Bundesstaaten in den USA in den letzten zwei Jahren auch vermehrt geschehen, aber darüber lag immer noch das Urteil von Roe gegen Wade. Durch das Urteil, welches eben ein Recht auf Schwangerschaftsabbruch vorsieht, hatten Gegenklagen noch eine Chance. Das könnte bald Geschichte sein und hätte drastische Folgen für ungewollt Schwangere, denn mindestens 26 US-Bundesstaaten würden Abbrüche in diesem Fall vollständig verbieten.

Die weltweiten Angriffe auf körperliche und reproduktive Selbstbestimmung dürfen nicht unwidersprochen bleiben – eine laute meist religiöse, konservative oder völkische Minderheit organisiert sich weltweit, aber auch in Deutschland und möchte das Rad zurückdrehen. Hierzulande sind es Kräfte wie die AfD, ProLife Verbände und christliche Fundamentalist*innen bis in die CDU hinein, die Frauen und Menschen mit Uterus vorschreiben wollen was mit ihren Körpern geschieht.

Aber wir sind keine gefühllosen Gebärmaschinen! Wir entscheiden selbst, ob wir Kinder auf die Welt bringen oder eben nicht!

Wohin das Ganze führen kann konnten und können wir leider in Polen beobachten. 2020 verabschiedete das polnische Verfassungstribunal unter der Kontrolle der Regierungspartei PiS ein Gesetz, das Schwangeren eine Abtreibung nahezu unmöglich macht. Durften Schwangerschaften zuvor noch aufgrund fötaler Fehlbildungen abgebrochen werden, gibt es laut Gesetz nur noch zwei Gründe dafür. Die Gefahr für die Gesundheit oder das Leben der Schwangeren oder wenn die Schwangerschaft durch eine Straftat wie Inzest oder Vergewaltigung verursacht wurde. Offiziell haben schon vor der Verfassungsänderung nur knapp 1.100 Schwangere jährlich in Polen einen Abbruch durchführen lassen. In Deutschland sind es im Vergleich jährlich etwa 100.000. Nach der Verschärfung des Gesetzes sank die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche nach Angaben des EU-Parlaments auf etwa 300. Die Dunkelziffer dürfte dabei um einiges größer sein und damit die Zahl der unsicheren und ärztlich unbegleiteten Abbrüche steigen.

Mittlerweile gibt es vermehrt Berichte über Frauen die während der Kriegshandlungen in der Ukraine vergewaltigt wurden und vermuten schwanger geworden zu sein. Sie sollten um den Krieg zu entkommen nach Polen flüchten und weigerten ich aber, da sie dort faktisch keinen legalen Schwangerschaftsabbruch durchführen könnten. Denn um in Polen einen Schwangerschaftsabbruch aufgrund einer Vergewaltigung durchführen zu dürfen braucht es eine Bescheinigung eines Staatsanwaltes, dass eine Straftat stattgefunden hat und die Schwangerschaft abgebrochen werden darf. Für die Geflüchteten aus der Ukraine ist dies schier unmöglich und es gibt für sie da keine Ausnahme.

Diese Beispiele zeigen uns, dass wir auch hier in Deutschland wachsam sein müssen und die Arbeit für ein Selbstbestimmungsrecht von Frauen und Menschen mit Uterus fortsetzen müssen, da erkämpfte Rechte, wie in Polen und den USA zu sehen ist, auch wieder weggenommen werden können. Das Selbstbestimmungsrecht über den Körper ist eine zentrale Forderung von uns! Schwangerschaftsabbrüche müssen aus dem Strafgesetzbuch und damit der grundsätzlichen Strafbarkeit raus genommen und in die Gesundheitsgesetzgebung eingebettet werden. Es muss in der Gesellschaft normal werden sich über Abbrüche zu unterhalten und dieses Thema muss enttabuisiert werden. Wir brauchen einen für die schwangere Person selbstbestimmten Umgang mit der Frage nach Kindern, egal ob sich für oder gegen ein Kind entschieden wird.

Lasst uns deshalb wachsam bleiben und für sichere Schwangerschaftsabbrüche und das Selbstbestimmungsrecht über den Körper weltweit, also hier in Deutschland wie aus den USA, zusammen einstehen!

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