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Nicht AlleineStadtteil

Mehr Lohn reicht nicht!

Seit dem 24.01.2023 laufen die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen. Die in diesem Bereich mitgliederstärkste Gewerkschaft ver.di ist unter anderem mit der Forderung von 10,5% bzw. mindestens 500€ mehr Gehalt in die Verhandlungen gestartet. Wie zu erwarten war, hat die Bundesvereinigung der Kommunalen Arbeitgeber (VKA) den Forderungen mit Verweis auf die angespannte finanzielle Situation der Kommunen eine Absage erteilt und ein eigenes Angebot vorgelegt, das weit unter den Forderungen bleibt.

Da seitens ver.di von einer hohen Unterstützung der Beschäftigten für ihre Forderungen ausgegangen wird, werden die Tarifkämpfe in den nächsten Monaten an Fahrt gewinnen und die Warnstreiks in den verschiedenen Bereichen des öffentlichen Diensts ausgeweitet.

Wir halten es für notwendig, mit Sicht auf die Tarifkämpfe den Blick über die Lohnforderungen hinaus zu weiten, da aktuell nicht allein die Löhne und Gehälter von ca. 2,5 Millionen Beschäftigten verhandelt werden. Denn die aktuellen Kämpfe machen einmal mehr die Frage auf, welchen Stellenwert die öffentliche Vorsorge, Infrastruktur und die Bedingungen, unter denen diese erbracht werden, für uns als Gesellschaft einnimmt.

Klar ist dabei, dass vor allem für Menschen im öffentlichen Dienst (ÖD), die in den unteren Lohngruppen arbeiten (beispielsweise Erzieher*innen und Pfleger*innen) das geforderte Lohnplus allein schon zum Ausgleich der aktuellen Preissteigerungen notwendig ist. Jedoch klammern die Lohnverhandlungen aus, unter welchen Bedingungen aktuell beispielsweise Pflege- oder Erziehungsarbeit verrichtet wird.

Für uns stellt sich auch bzw. gerade im ÖD die Frage, inwieweit wir unsere notwendige Versorgung den heiligen Kühen des Kapitalismus – der Konkurrenz und der Profitlogik – unterwerfen möchten.

Krankenhaus oder Fabrik?

Seit Jahren werden weite Teile der öffentlichen Infrastruktur immer weiter auf eine betriebswirtschaftliche Funktionsweise getrimmt. Modelle, die dazu entwickelt wurden, die Profitraten der Industrie zu steigern, finden angepasst auf den jeweiligen Bereich – beispielsweise als Qualitätsmanagement – ihren Niederschlag im gesamten ÖD. So werden bspw. Krankenhäuser zu profitablen Betrieben umgewandelt und dabei ausgepresst wie eine Zitrone. Um die vermeintliche Effektivität zu steigern, aber vor allem um die Kosten seitens Bund und Kommunen zu reduzieren, erhalten Einrichtungen der öffentlichen Versorgung Geschäftsformen (z.B. gemeinnützige GmbH) oder werden direkt an private Konzerne verkauft. Die vor mehr als 30 Jahren als Heilmittel für klamme Kassen in Bund und Kommunen aus dem Hut gezauberte Privatisierung von öffentlichen Einrichtungen versprach die Sanierung der Staatshaushalte und bessere Leistungen für uns alle. Mittlerweile zeigt sich, dass der neoliberale Umbau zwar die öffentliche Hand entlastet, aber eben auf Kosten von Patient*innen und Mitarbeiter*innen.

Der eigentliche Zweck des ÖD – die Grundversorgung aller – wird spürbar an vielen Stellen geschliffen und fällt meist unter den (Verhandlungs-)Tisch. Weder die Beschäftigten noch die Nutzer*innen haben einen spürbaren Einfluss darauf wie gearbeitet wird und für wen.

Lediglich wenn gestreikt wird, thematisiert der VKA und weite Teile der Medienlandschaft das Ausbleiben von Leistungen mit dem Argument der Geiselhaft.

Dabei ist für die meisten von uns täglich erfahrbar, dass weniger Personal bei einer gleichbleibenden Zahl von Patienten keine bessere Qualität bedeutet. Abrechnungsmodelle wie die Fallpauschale führen dazu, dass das Wohl der Patient*Innen gegenüber der finanziellen Interessen in den Hintergrund rückt.

So bricht sich das Regime der Lohnarbeit ähnlich dem der Fabriken seinen Weg und die Arbeitsbelastung der Einzelnen und der Druck auf die Teams nimmt weiter zu.

Für den Rest heißt es eben Schlange stehen, längere Wartezeiten und eine schlechter werdende Gesundheitsversorgung.

Ein Gesundheitssystem muss sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren und nicht an der Logik des Marktes, wo einmal mehr Investoren und Konzerne profitieren und sich am Ende nur die wohlhabenden und reichen Menschen dieses Landes eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung leisten können. Wir sagen: Eine gute und gerechte Versorgung aller muss das Ziel sein! Schluss mit dem neoliberalen Umbau im gesamten öffentlichen Dienst!

Wer, Wer, Wer, Ja Wer soll das bezahlen?

Schon als ver.di ihre Lohnforderungen veröffentlichte, machte der VKA als auch die Innenministerin Faeser klar, dass Lohnsteigerungen, die in der Lage sind, die Inflation auszugleichen, nicht drin sind und dies mit dem Rückgriff auf das altgediente Argument der klammen öffentlichen Kassen. Dass die Kassen vor allem außerhalb Süddeutschlands alles andere als gut gefüllt sind, ist dabei nicht von der Hand zu weisen. Wahr ist auch, dass diese sich nicht von Zauberhand füllen werden. Was alles möglich ist, wenn der politische Willen dazu da ist, zeigen nicht zuletzt die Rettung des Unternehmens Uniper (ca. 30 Milliarden) als auch die unter dem Begriff Zeitenwende bereitgestellte Summe (100 Milliarden) für die Bundeswehr.

Klar ist, dass die Mittel für die öffentliche Versorgung nur dort abgeschöpft werden können, wo sie vorhanden sind. Während aktuell weite Teile der Lohnabhängigen durch die Inflation satte Reallohnverluste hinnehmen müssen, bleiben einmal mehr die Rekordgewinne der Konzerne weitestgehend unangetastet.

Ein weiter so darf es nicht geben!

Es liegt an uns, denjenigen welche die Güter der Gesellschaft tagtäglich produzieren und damit den vorhandenen Reichtum erarbeiten, diesen auch für uns einzufordern. Lasst uns als Beschäftigte oder in Solidarität mit diesen die Kämpfe um die Güter der Gesellschaft im Sinne von uns Lohnabhängigen vorantreiben.

Bringt euch ein in die Kämpfe um bessere Arbeitsbedingungen in und außerhalb des ÖD. Diskutiert mit Kolleg:Innen und Freunden und macht eure Solidarität öffentlich.

Keine Kürzungen im Sozialhaushalt!
Keine Kürzung bei Bildung und Freizeit!
Profiteure der Krise zur Kasse bitten!
Preise runter – Einkommen rauf!

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